OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.11.2022 – 13 UF 24/21
1. In Fällen des paritätischen Wechselmodells ist kein Elternteil befugt, in alleiniger Vertretung des Kindes dessen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil geltend zu machen, da eine alleinige Obhut i.S.d. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB nicht besteht. Als Vertreter des Kindes ist vielmehr ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
2. Die Kosten eines privaten Schulbesuchs sind unterhaltsrechtlich als Mehrbedarf zu qualifizieren. Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er beim Kindesunterhalt mit den Tabellensätzen nicht oder nicht vollständig erfasst werden kann, andererseits aber kalkulierbar ist.
3. Der Antrag auf Zahlung von Mehrbedarf ist als Leistungsantrag neben der bestehenden Titulierung des Tabellenunterhalts zulässig, weil der Barunterhalts- bedarf des Kindes auch bei günstigen Einkommensverhältnissen von vornherein nicht den Betreuungs- und Erziehungsbedarf des Kindes erfasst, hierfür vielmehr zusätzliche Mittel zu veranschlagen sind.
4. Die Frage der Notwendigkeit des Besuchs einer Privatschule stellt nicht, wenn der Antragsgegner mit der Unterzeichnung des Schulvertrages dem Besuch vorbehaltlos zugestimmt.
5. Am Mehrbedarf muss sich grundsätzlich auch der Elternteil beteiligen, der ein minderjähriges Kind betreut und dadurch regelmäßig nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB seine Unterhaltspflicht erfüllen würde, wenn er über Einkünfte verfügt, insbesondere, wenn er erwerbstätig ist oder ihn eine Erwerbsobliegenheit trifft. Insofern haften die Eltern nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (vgl. BGH FamRZ 2022, 1366).
6. Die Haftungsverteilung folgt den Grundsätzen für die Berechnung der Haftungsanteile des Volljährigenunterhalts. Vor der Gegenüberstellung der jeweiligen Einkommen ist bei jedem Elternteil ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen (BGH FamRZ 2013, 1563 Rn 12, m.w.N.). Bei der Berechnung der jeweiligen Haftungsanteile ist zu beachten, dass das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils bei der Ermittlung der vergleichbaren Einkünfte im Rahmen der Haftungsanteilsberechnung vorab um den geschuldeten Barunterhalt zu bereinigen ist.
(red. LS)