Da die Eckpunkte noch Vieles offen lassen, soll im Folgenden nur kurz zu einzelnen Punkten Stellung genommen werden:
1. Bedarf
Ein Rechtsinstitut der Verantwortungsgemeinschaft, das nach den Vorstellungen des Gesetzgebers "keine durchsetzbaren Rechte auf und keine durchsetzbaren Pflichten zur Verantwortungsübernahme begründen" und keinerlei steuer-, erb- oder aufenthaltsrechtliche Folgen zeitigen soll, bedarf der besonderen gesetzgeberischen Erklärung bezogen auf dessen Bedarf. Der Erläuterungsbedarf resultiert auch daraus, dass ein entsprechendes Rechtsinstitut in anderen Rechtsordnungen so nicht existiert. Eine solche Erläuterung fehlt in den Eckpunkten.
Die Eckpunkte lassen zudem nicht erkennen, welche Zielgruppe konkret adressiert wird:
Soweit darauf hingewiesen wird, dass ein Instrument für Beziehungen "jenseits von Liebesbeziehungen" geschaffen werden soll, ist damit nicht erklärt, dass Beziehungen "diesseits von Liebesbeziehungen" davon ausgeschlossen wären. Wenn die Verantwortungsgemeinschaft allerdings auch den nichtehelichen Lebensgemeinschaften offensteht, geht sie an deren potentiellem Bedarf vorbei, nicht zuletzt, weil es an dem zentralen Modul, dem Unterhalt, fehlt.
Für Wohngemeinschaften von Studierenden und älteren Menschen dürften die vorgesehenen (wenigen) Konsequenzen wegen der Komplexität des Vorgangs der Errichtung und Auflösung nicht von Interesse sein. Deren Lebenswelten und Bedarfe sind schnellen Veränderungen unterworfen, die sich durch ein kraft notarieller Beurkundung zu errichtendes Rechtsinstrument kaum abbilden lassen und zugleich durch geltendes Recht bereits erfasst sind. Andere Gruppen, deren Bedarf durch das Institut gedeckt werden soll, sind nicht nachvollziehbar benannt.
2. Aufklärung
Die notarielle Aufklärung ist sinnvoll, insbesondere wenn darüber aufzuklären sein wird, welche Konsequenzen das Institut gerade nicht hat. Allerdings sind die Folgen der einzelnen Module derart begrenzt, dass nicht erkennbar ist, weshalb ein notarieller Aufklärungsbedarf darüber bestehen sollte.
3. Inhalte
In den Modulen 1 bis 3 werden rechtliche Konsequenzen vorgesehen, die im Wesentlichen bereits jetzt durch einfache schriftliche Vollmachten herbeigeführt werden können. Der Schaffung eines gesonderten Gesetzes dazu bedarf es daher nicht.
Das zentrale Thema der wechselseitigen Verantwortungsübernahme, das "Beisteuern" von laufenden Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, familienrechtlich mithin den Unterhalt, erfassen die Eckpunkte nicht. Gleichermaßen wird die Thematik der Altersversorgung, familienrechtlich der Versorgungsausgleich, nicht erwähnt, was insofern stringent sein mag. Diese beiden Säulen der familienrechtlichen Teilhabe sollen den Partnern einer Verantwortungsgemeinschaft mithin nicht modular zur Verfügung stehen.
Das kann man so wollen; eine Erklärung dafür findet sich gleichwohl nicht. Allerdings wird in Modul 4 eine der drei Säulen der familienrechtlichen Teilhaberegelungen als wählbar erklärt: der Zugewinnausgleich.
Für diese "Auswahl" von Teilhabe und Verantwortung findet sich ebenfalls keine Erklärung.
Zugleich soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Begründung einer Verantwortungsgemeinschaft keine steuer-, erb- oder aufenthaltsrechtlichen Folgen haben. Im Einzelfall kann das zu einem Akzeptanzproblem führen, insbesondere dann, wenn im Falle einer Eheschließung finanzielle Vorteile im Steuerrecht generiert werden könnten (nur davon soll im Folgenden die Rede sein). Dies soll am Beispiel Modul 4 "Zugewinngemeinschaft" dargestellt werden:
Anja wohnt in einer Wohngemeinschaft zusammen mit Bea, einer langjährigen Freundin von Anja. Anja ist selbstständig, und ihre Tätigkeit nimmt immer mehr Fahrt auf. Um ihre Freundin dabei zu unterstützen, reduziert Bea ihre Berufstätigkeit; sie kümmert sich weitgehend um den gemeinsamen Haushalt und übernimmt auch regelmäßig die Betreuung von Anjas beiden Hunden. Bevor Bea ihre Berufstätigkeit reduziert hat, haben beide eine Verantwortungsgemeinschaft mit dem Modul "Zugewinngemeinschaft" vereinbart. Einige Jahre leben Anja und Bea so zusammen; Bea verdient in dieser Zeit sehr viel weniger als Anja. Dann lernt Anja einen neuen Partner kennen, möchte mit ihm zusammenziehen und die Wohngemeinschaft und die Verantwortungsgemeinschaft mit Bea beenden.
Bea soll von Anja bei Wahl dieses Moduls nach Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft einen finanziellen Ausgleich fordern können nach den Regeln über den Zugewinnausgleich; nach dem Papier wäre dieser Ausgleich zu versteuern.
Angenommen, der Ausgleich würde sich auf 100.000 EUR belaufen, könnte diese Konstellation für Bea eine Schenkungsteuerpflicht zur Folge haben. Es handelt sich um eine Zuwendung, die grundsätzlich als freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 ErbStG zu versteuern wäre und nach § 15 Abs. 1 ErbStG der Steuerklasse III zuzuordnen ist. Bea kann nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG einen Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR in Anspruch nehmen und muss im Übrigen nach § 19 Abs. 1 mit einem Steuersatz von 30 % rechnen.
Das ...