Nach § 1666 Abs. 1 BGB hat das Gericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr für das Kind erforderlich sind. Auf Grund dieser offenen Formulierung hat das Gericht vielfältige Möglichkeiten. Im Bereich der Personensorge kann das Familiengericht nach geltender Rechtslage Ermahnungen, Auflagen, Ge- und Verbote sowie Weisungen erteilen. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls soll die Vielfalt der möglichen Schutzmaßnahmen von den Familiengerichten nicht in vollem Umfang genutzt worden sein. Vielmehr beschränkten sich die gerichtlichen Maßnahmen nach § 1666 BGB in der Mehrzahl auf den teilweisen oder vollständigen Entzug des Sorgerechts. Mit der beispielhaften Änderung in § 1666 Abs. 3 BGB soll nunmehr exemplarisch klargestellt werden, dass auch noch familienrechtliche Maßnahmen unterhalb der Schwelle der vollständigen oder teilweisen Sorgerechtsentziehung möglich sind.
Ob allein die nicht abschließende Aufzählung der gerichtlichen Schutzmaßnahmen überhaupt in der Lage ist, das von der Bundesregierung angesprochene Problem zu lösen, ist überaus fraglich. Denn die Familiengerichte wurden bislang nach der Erfahrung des Verfassers, der seit dem 1.7.1977 Familienrichter ist, oftmals erst nach einem langen Hilfeprozess durch das Jugendamt eingeschaltet, was dann zwangsläufig zur Folge hat, dass sich die Kindeswohlgefährdung schon derart zugespitzt hat, dass nur noch der vollständige oder teilweise Entzug der elterlichen Sorge in Betracht kommen konnte.
Unabhängig hiervon ist das Gericht ohnehin nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gem. § 1666a Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, stets das mildere Mittel anzuwenden, bevor es den nächst schweren Eingriff in die elterliche Sorge anordnen darf. Besteht eine Lösungsmöglichkeit für Elternkonflikte auf einer Stufe unterhalb der vollständigen oder teilweisen Entziehung des Sorgerechts, dann hat das Gericht diesen Weg zu beschreiten. Selbstverständlich ist das Gericht auch befugt, die elterliche Sorge unmittelbar als erste gerichtliche Maßnahme zu entziehen, wenn dies erforderlich und verhältnismäßig ist. Hieraus ergibt sich, dass die beispielhafte Aufzählung von Einzelmaßnahmen in § 1666 Abs. 3 BGB für den Familienrichter völlig überflüssig ist.
Anders hingegen kann es für die Mitarbeiter des Jugendamts sein. Durch die beispielhafte Aufzählung von Maßnahmen kann ihr Blick auch darauf gerichtet werden, dass das Familiengericht nicht nur auf den völligen oder teilweisen Entzug des Sorgerechts beschränkt ist, sondern auch niederschwellige Maßnahmen anordnen darf. Lediglich mit dieser Begründung kann die beispielhafte Aufzählung der niederschwelligen Maßnahmen des Familiengerichts begrüßt werden.
Allerdings muss in diesem Zusammenhang ausdrücklich betont werden, dass auch diese niederschwelligen Maßnahmen nach § 1666 Abs. 3 BGB nur bei Vorliegen der Kindeswohlgefährdung zulässig sind. Das ergibt sich unmittelbar aus der Begründung zu diesem Gesetzentwurf. Das Familiengericht greift erst in die elterliche Sorge ein, wenn dies zum Schutz des Kindes vor einer Gefährdung seines Wohls erforderlich ist. Das geltende Recht der Kinder- und Jugendhilfe sieht vielfältige Angebote und Leistungen des Jugendamtes zur Hilfe für Eltern und Kinder vor. Zu denken ist vor allem an die Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII, die im Gegensatz zu § 1666 BGB eine Gefährdung des Kindeswohls nicht voraussetzen. Schlichte Erziehungsdefizite lösen die Hilfsangebote der Jugendhilfe nach den §§ 27 ff. SGB VIII aus. Bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung greift § 8a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII Platz und schließlich müssen Maßnahmen nach erheblicher Schädigung nach den §§ 1666, 1666a BGB ergriffen werden.