Im Urteil des BGH v. 3.12.2008 heißt es erstmals ausdrücklich, es sei auch bei Jugendamtsurkunden davon auszugehen, dass der gesamte Unterhaltsanspruch tituliert sei. Diese Ansicht hat zur Folge, dass der Gläubiger, der einen höheren Unterhalt erstrebt, eine Abänderungsklage gegen die Jugendamtsurkunde nach § 323 ZPO (§ 239 FamFG) erheben muss. Eine Erstklage nach § 258 ZPO ist als unzulässig abzuweisen. Es ergibt sich aus dem Sinn des § 323 ZPO (§ 238 oder § 239 FamFG), dass nur die Abänderungsklage der statthafte Rechtsbehelf ist, wenn der gesamte Unterhaltsanspruch tituliert ist.[5] Das wird bei Urteilen und gerichtlichen Vergleichen vermutet und muss auch bei Jugendamtsurkunden vorausgesetzt werden. Stillschweigend hat dies der BGH im Urt. v. 29.10.2003[6] bejaht, auf das er in der neuen Entscheidung Bezug nimmt. Dies kann jedoch zweifelhaft sein, nachdem der Streitgegenstand durch den Antrag des Klägers bestimmt wird, also bei der Klage des Unterhaltsgläubigers durch diesen, und bei einem Vergleich der Gegenstand von beiden Vertragsparteien, also auch vom Gläubiger, festgelegt wird, während Jugendamtsurkunden einseitig vom Schuldner errichtet werden. In der neuen Entscheidung bleibt unerwähnt, dass der BGH[7] bis in jüngster Zeit die Ansicht vertreten hat, der Gläubiger einer Jugendamtsurkunde könne, wenn keine Vereinbarung über den Gesamtunterhalt vorliege, zwischen Erstklage und Abänderungsklage wählen.

Der BGH begründet seine neue Auffassung damit, dass der Schuldner aus seiner Sicht den vollen Unterhalt habe titulieren lassen. Vom Standpunkt des Gläubigers aus kann sich dies aber anders darstellen. Tatsächlich hatte dieser, wie dem Berufungsurteil[8] zu entnehmen ist, eine "Titelergänzungsklage" mit dem Antrag erhoben, über den in der Jugendamtsurkunde titulierten Betrag hinaus einen weiteren Unterhalt zu zahlen. Die Formulierung des Antrags des Klägers war auf eine Zusatzklage (Teilklage) nach § 258 ZPO gerichtet.[9] Entweder wurde der Antrag umgestellt oder in ein Abänderungsbegehren nach § 323 ZPO umgedeutet (entspr. § 140 BGB).[10]

[5] BGH FamRZ 1961, 263 = NJW 1961, 871; FamRZ 1985,371 = NJW 1985, 1340.
[6] BGH FamRZ 2004, 24 = NJW 2003, 3770.
[7] BGH FamRZ 1980, 342; FamRZ 2008, 1152 = NJW 2008, 2337.
[8] OLG Naumburg, Urt. v. 26.10.2006 – 4 UF 33/06, veröffentlicht bei Juris.
[9] BGH FamRZ 1985, 371 = NJW 1985, 1340.
[10] Dazu BGH FamRZ 1992, 298 = NJW 1992, 438; FamRZ 1992, 1060; FamRZ 1997, 281 =NJW 1997, 735; FamRZ 1998, 896-NJW 1998, 2048.

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