Bei der Berechnung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1578 BGB ist nach der Senatsrechtsprechung grundsätzlich vom tatsächlich erzielten Nettoeinkommen auszugehen, sodass auch die Steuerlast grundsätzlich in ihrer jeweils realen Höhe maßgebend ist. Berichtigungen dieser nach der tatsächlichen Steuer berechneten Nettoeinkünfte erfolgen nur in besonderen Fällen, z.B. wenn der Unterhaltspflichtige es unterlassen hat, erreichbare Steuervorteile entgegen seiner insoweit bestehenden Obliegenheit zu erzielen. Hierzu gehört insbesondere die Möglichkeit, Steuervorteile im Rahmen des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu realisieren, soweit dadurch nicht eigene Interessen verletzt werden. Denn die geringere Steuerlast des Unterhaltspflichtigen erhöht den Unterhaltsanspruch des Berechtigten (Senatsurteile vom 31. Januar 1990 – XII ZR 35/89, FamRZ 1990, 503, 504; vom 29. April 1998 – XII ZR 266/96, FamRZ 1998, 953, 954).

Auch den Unterhaltsberechtigten trifft insoweit eine Obliegenheit zur Mitwirkung an der steuerlichen Geltendmachung des Realsplittings, wenn der Verpflichtete sich bereit erklärt, die steuerlichen Nachteile auszugleichen, die dem Unterhaltsberechtigten infolge der dann erfolgenden Besteuerung der Unterhaltsbeträge nach § 22 Nr. 1a EStG entstehen (Senatsurteile FamRZ 1983, 576; 1983, 670 und 1988, 820). Dieser Anspruch folgt aus § 242 BGB und ist Ausfluss der gegenseitigen nachehelichen Rücksichtnahme. Sie umfasst auch die Pflicht zur Erstattung etwaiger Steuervorauszahlungen, die den Unterhaltsberechtigten treffen, und die Kosten für die Inanspruchnahme eines Steuerberaters (vgl. BGH FamRZ 1985, 1232; 1988, 820).

Der Unterhaltspflichtige braucht allerdings den Steuervorteil des Realsplittings nur insoweit in Anspruch zu nehmen, als er seine Unterhaltspflicht anerkannt hat oder freiwillig erfüllt oder als sie sich aus einer bereits rechtskräftigen Verurteilung ergibt. Nur die insoweit feststehenden Unterhaltsbeträge muss er im Rahmen des steuerlichen Realsplittings von seinem steuerlich relevanten Einkommen absetzen. Denn die steuerlichen Voraussetzungen des Realsplittings erfordern eine tatsächliche Unterhaltszahlung in dem jeweiligen Steuerjahr. Der maßgebliche Zeitpunkt des Abzugs richtet sich nach demjenigen der tatsächlichen Zahlung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Unerheblich ist dagegen der Zeitraum, für den die Leistung wirtschaftlich erbracht wird. Unterhaltszahlungen können deshalb steuerlich nur für die Jahre berücksichtigt werden, in denen sie tatsächlich geleistet worden sind (sog. In-Prinzip). Daher kann im Rahmen eines Unterhaltsprozesses, in dem der Unterhalt erst festgelegt werden soll, das Gericht nicht im Wege einer vorweggenommenen fiktiven Berechnung des Realsplittingvorteils von dem neu zu errechnenden Unterhalt ausgehen. Denn dann ist nicht gewährleistet, dass der Unterhaltsschuldner im Umfang der Verurteilung von der Möglichkeit des Realsplittings Gebrauch machen kann. Denn es ist nicht absehbar, dass die vorläufig ermittelten Unterhaltsbeträge noch in dem Jahr, für das sie bestimmt sind, tatsächlich geleistet werden können und deshalb zu einer steuerlichen Entlastung noch in diesem Jahr führen. Hinzu kommt, dass der von einem Instanzgericht errechnete Unterhalt sich auf die Rechtsmittel der Beteiligten hin noch ändern kann. Der Unterhaltspflichtige läuft auch Gefahr, eine Steuernachzahlung leisten zu müssen, wenn sich seine Unterhaltsleistung an den Berechtigten – etwa auf eine Abänderungsklage hin – nachträglich verringert, da er dann nicht so einen hohen Realsplittingvorteil beanspruchen kann.

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