(v.l.n.r) Prof. Schwenzer, RA Kirmes, RA Schnitzler, VRinBGH Dr. Hahne
Die zivilrechtliche Abteilung des 67. Deutschen Juristentages hat sich vom 23.–26.9.2008 in Erfurt mit der Frage befasst, ob unsere familienrechtlichen Ausgleichssysteme (Unterhalt, Zugewinn, Versorgungsausgleich) noch zeitgemäß sind.
In den letzten Jahren sind die im Familienrecht tätigen Rechtsanwälte mit zahlreichen Reformen konfrontiert worden. Das Unterhaltsrecht ist umfassend zum 1.1.2008 geändert worden. Die Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, eine Jahrhundertreform, tritt zum 1.9.2009 in Kraft. Gleiches gilt für die Reformen im Versorgungsausgleich und im Zugewinnausgleich.
Der Deutsche Juristentag will, unabhängig von Tagesfragen und häufig zu kurz gegriffenen Reformen, den Blick öffnen für grundsätzliche Fragestellungen.
Unter diesem Aspekt war die Frage nach dem in sich stimmigen familienrechtlichen Ausgleichssystem nach Auflösung von Lebensgemeinschaften, also nicht nur von Ehen gedacht. Die Abteilung war von ca. 400 Teilnehmern besucht. Besonders erfreulich war zweifellos die Teilnahme von Studentengruppen, im Wesentlichen aus München und Göttingen. Bei der Schlussabstimmung beteiligten sich allerdings nur ca. 35 Personen, die stimmberechtigt waren.
Die Ergebnisse sind bekannt gemacht worden, z.B. in der FF 2008, 434 ff. oder in der NJW 2008, Heft 43.
Unter dem Vorsitz von Frau Prof. Dr. Ingeborg Schwenzer, Basel, waren als Referenten auf dem Podium Frau Dr. Meo-Micaela Hahne, Vorsitzende Richterin am BGH (XII. Zivilsenat), die Berliner Kollegin Frau Ingeborg Rakete-Dombek und Herr Prof. Dr. Gerd Brudermüller, Vorsitzender Richter am OLG Karlsruhe und Vorsitzender des Familiengerichtstages. Gutachterin war die Bonner Professorin Dr. Nina Dethloff.
Das Kurzgutachten von Frau Prof. Dethloff kann nachgelesen werden in der NJW 2008, Heft 21 (Beilage). In Kürze werden die Verhandlungsberichte vorliegen (im Verlag C.H. Beck).
Die Abstimmungsergebnisse zeigen, wie Frau Prof. Schwenzer meinte "eine eher strukturkonservative Haltung, jedoch mit deutlichen Flexibilisierungstendenzen".
Auch im Abstand von einem halben Jahr lässt sich feststellen, dass die nur wenigen Richter und Rechtsanwälte, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, im Großen und Ganzen eine vernünftige sachgerechte Beurteilung der Fragen gefunden haben. Allerdings wird man sich für die Zukunft auch unter dem neuen Vorsitzenden des DJT Prof. Henssler, Universität zu Köln, überlegen müssen, wie bei den Abstimmungen eine größere Zahl von Mitgliedern dazu bewogen werden kann, sich an der Abstimmung zu beteiligen.
Bei einer Zahl von rund 35 Personen ist, wie bei der ein oder anderen schwierigen Frage erkennbar, auch ein Zufallsergebnis nicht auszuschließen.
Interessant sind vor allem die Ergebnisse, die eindeutig mit großer Mehrheit gefunden werden konnten. Hier lässt sich feststellen, dass die Ausgangsfrage eindeutig verneint worden ist, das derzeitige Drei-Säulen-Prinzip zu Gunsten eines einheitlichen vermögensrechtlichen Ausgleichsanspruchs aufzugeben. Vielmehr sollen die Ausgleichssysteme lediglich durchlässiger gestaltet werden.
Völlig unstreitig war zum Beispiel auch, dass der Betreuungsunterhalt Ausdruck der gemeinsamen Elternverantwortung für das Kind ist. Wesentlich enger war das Ergebnis allerdings bei der Frage, inwieweit der Betreuungsunterhalt als Teil des Kindesunterhalts zu begreifen ist (16 : 12 : 5).
Ähnlich sieht es auch bei der Frage aus, inwieweit das Eingehen einer Ehe, einer Lebenspartnerschaft oder das Vorliegen einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht zum Erlöschen bzw. zur Verwirkung des Betreuungsunterhalts führen soll.
Recht klar ist die ethische Rechtfertigung anderer nachehelicher Unterhaltstatbestände: Offenkundig ist nach Auffassung der Teilnehmer des Juristentages der Grundsatz der nachehelichen Solidarität nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen beruht der nacheheliche Unterhalt auf dem Ausgleich ehebedingter Nachteile und Vorteile.
Völlig unstreitig ist auch, dass sowohl beim Zugewinnausgleich als auch beim Versorgungsausgleich am Halbteilungsgrundsatz festgehalten wird. Für beide Ausgleichssysteme wurde mit großer Mehrheit eine Flexibilisierung befürwortet.
Die Teilnehmer konnten sich im Übrigen nicht für eine Abkehr vom Statusprinzip im Bereich der vermögensrechtlichen Ausgleichssysteme erwärmen.
Auf Zustimmung stieß der Vorschlag, Ausgleichsansprüche bei Auflösung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, in denen ein Partner auf Grund gemeinsamer Entscheidungen Kinder betreut hat, vorzusehen.
Bei den familienrechtlichen Ausgleichssystemen wird offenkundig an der bewährten Systematik der Ausgleichssysteme festgehalten (vgl. Born, NJW 2008, 2289 ff. und von Koppenfels-Spies, JZ 2008, 801 ff.).
Bei der Vermögensauseinandersetzung in nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist durch zwei BGH-Entscheidungen der Druck aus der Problematik weitgehend herausgenommen worden.
Der Juristentag war spannend, aber er hätte mehr Teilnehmer aus der Anwalts...