BGB § 329 § 1606 § 1614
Leitsatz
Aus einer von den Eltern vereinbarten Begrenzung des Kindesunterhalts, die schon mangels Beteiligung der betroffenen Kinder für diese keine Wirkung entfaltet, kann auf ein – konkludentes – Freistellungsversprechen der die Kinder betreuenden Mutter zugunsten des Vaters (über die Differenz zum gesetzlichen Unterhalt) nicht allein deswegen geschlossen werden, weil es der Mutter bewusst war, dass der gesetzliche Unterhalt durch die Vereinbarung nicht ausgeschöpft wird.
BGH, Urt. v. 4.3.2009 – XII ZR 18/08 (OLG Frankfurt, AG Bad Schwalbach)
Sachverhalt
Tatbestand: Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen, von denen heute drei volljährig sind. Das älteste Kind, die Tochter J., lebt inzwischen beim Kläger, die übrigen Kinder leben seit der Trennung bei der Beklagten. Die Parteien streiten um Rückgriffsansprüche und – teilweise – Freistellung vom Kindesunterhalt auf Grund einer vom Kläger geltend gemachten Vereinbarung der Parteien.
Während des Scheidungsverfahrens trafen die Parteien eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung vom 15.6.1999, in der u.a. der Kindesunterhalt festgelegt wurde. Auf der Grundlage eines um Steuern, Sozialversicherungs- und Lebensversicherungsbeiträge für die Kinder bereinigten Nettoeinkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit von 6.245 DM legten sie unter Berücksichtigung einer Herabstufung um zwei Gruppen wegen mehr als drei Unterhaltsberechtigten den Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 8 der damals gültigen Düsseldorfer Tabelle fest.
Der Kläger war während der Ehe bei der R.-Versicherung tätig. Am 7.3.2003 trafen die Parteien eine schriftliche Vereinbarung, mit der sie den anstehenden beruflichen Wechsel des Klägers zum Bereichsleiter der S.-Versicherung bereits berücksichtigten. In der Vereinbarung legten sie den Kindesunterhalt nunmehr ab 1.7.2003 nach der neunten, ab 1.1.2004 nach der zehnten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (170 % des jeweiligen Regelbetrags) fest, jeweils "mit Stand 1.7.2002". Die Festschreibung auf die zehnte Einkommensgruppe wurde als unabänderbar vereinbart, "solange der Unterhaltsverpflichtete Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in der Position als Bereichsleiter Konzernrevision bei der S.-Gruppe bezieht". Eine Steigerung des Kindesunterhalts wurde für den Fall des Erreichens einer anderen Altersstufe und bei Tariferhöhungen des privaten Versicherungsgewerbes vereinbart.
Später verständigten sich die Parteien mündlich, dass die Änderungen der Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt werden sollten, nicht mehr hingegen Tariferhöhungen.
Im Juni 2005 verklagten die drei jüngsten Kinder, die seinerzeit alle noch minderjährig waren und von der Beklagten gesetzlich vertreten wurden, den Kläger vor dem Familiengericht auf Auskunft und Kindesunterhalt. Die vom Kläger erteilte Auskunft ergab, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von über 8.000 EUR und zudem über Mieteinkünfte von monatlich 1.600 EUR verfügte. Der Kläger erkannte den mit 200 % des jeweiligen Regelbetrages geltend gemachten Unterhalt an, worauf das AG ein entsprechendes Anerkenntnisurteil erließ.
Im vorliegenden Verfahren nimmt der Kläger die Beklagte ab April 2006 auf Erstattung des Kindesunterhalts in Anspruch, den er nach dem Anerkenntnisurteil über die Vereinbarung vom 7. März 2003 hinaus an die drei jüngsten Kinder gezahlt hat. Für die Zukunft begehrt er die Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung.
Das AG – Familiengericht – hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das OLG hat die von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die – zugelassene – Revision der Beklagten.
Aus den Gründen
Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
I. Das Berufungsgericht hat im angefochtenen Urteil die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Vereinbarung vom 7. März 2003 eine Freistellungsverpflichtung der Beklagten enthalte, im Ergebnis geteilt.
Die Vereinbarung sei für die Kinder nicht verbindlich und auch sonst nicht wirksam, weil sie weder in deren Namen abgeschlossen noch als Vertrag zugunsten Dritter anzusehen sei. Sie sei aber nach dem Ergebnis der Anhörung der Parteien in der Berufungsinstanz als Freistellungsvereinbarung auszulegen. Zwar sei weder in ihr noch in der Vorgängervereinbarung eine Freistellung des Klägers vom Kindesunterhalt ausdrücklich erwähnt. Außerdem sei es zunächst eher unwahrscheinlich erschienen, dass die Beklagte angesichts des überdurchschnittlich guten Einkommens des Klägers einen dahin gehenden Erklärungswillen gehabt habe. Die Beklagte habe allerdings in ihrer Anhörung deutlich erklärt, dass sie zum einen davon ausging, dass der Kläger infolge des Arbeitsplatzwechsels ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde als nach der zehnten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Zum anderen sei ihr auch bewusst gewesen, dass mit den Unterhaltszahlungen angesichts der kostspieligen Hobbys der Kinder deren Bedarf nicht vollständig...