BGB § 1353; EStG §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 22 Nr. 1, 26, 26a, 26b
Hat der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte dem Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Durchführung des steuerlichen Realsplittings (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zugestimmt und hat er für denselben Veranlagungszeitraum mit einem neuen Ehegatten die Zusammenveranlagung (§§ 26, 26b EStG) gewählt, so kann er von dem Unterhaltspflichtigen höchstens den Ausgleich des steuerlichen Nachteils verlangen, der ihm bei getrennter Veranlagung (§ 26a EStG) durch die Besteuerung der Unterhaltsbezüge (§ 22 Nr. 1 EStG) entstanden wäre (im Anschluss an die Senatsurt. v. 29.1.1992 – XII ZR 248/90, FamRZ 1992, 534 und v. 29.4.1992 – XII ZR 50/91, FamRZ 1992, 1050). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Unterhaltszahlungen nicht zeitgerecht, sondern verspätet (hier: in dem auf die Wiederheirat folgenden Jahr) geleistet worden sind.
BGH, Urt. v. 17.2.2010 – XII ZR 104/07 (OLG Schleswig, AG Neumünster)
Tatbestand:
[1] Die Parteien streiten um Nachteilsausgleich nach Inanspruchnahme des Realsplittings gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch den Beklagten.
[2] Die Ehe der Parteien wurde im Jahr 1998 geschieden. Durch Urt. v. 22.2.2001 wurde der Beklagte u.a. verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt zu zahlen, zuletzt in Höhe von monatlich 1.171 DM (598,72 EUR). Die Klägerin hat am 8.5.2002 erneut geheiratet. Im Jahr 2003 zahlte der Beklagte ihr rückständigen Unterhalt in Höhe von 10.993 EUR. Für dieses Jahr wählten die Klägerin, die nicht über eigenes Einkommen verfügte, und ihr Ehemann die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer. Mit Steuerbescheid vom 30.4.2004 setzte das Finanzamt gegen sie für das Jahr 2003 Einkommen- und Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 982,44 EUR fest und erstattete einen vom Einkommen des Ehemannes durch Lohnsteuerabzug einbehaltenen Mehrbetrag von 325,76 EUR.
[3] Im Dezember 2004 bat der Beklagte die Klägerin, die Anlage U zur Einkommensteuererklärung zu unterschreiben. Er versicherte gleichzeitig, der Klägerin alle wirtschaftlichen Nachteile aus dem Realsplitting zu ersetzen. Die Klägerin stimmte dem Antrag des Beklagten zu. Nachdem die Unterhaltsleistungen beim Beklagten als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt worden waren, setzte das Finanzamt für die Klägerin und ihren Ehemann durch Bescheid vom 6.1.2005 deren Steuern neu fest. Auf der Grundlage des sich nunmehr ergebenden Gesamteinkommens, in das auf Seiten der Klägerin die Unterhaltsleistungen abzüglich einer Werbungskostenpauschale von 102 EUR eingeflossen waren, ergab sich eine Steuerschuld von insgesamt 4.051,05 EUR.
[4] Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin Zahlung des Mehrbetrages von 3.068,61 EUR (4.051,05 EUR ./. 982,44 EUR) verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die steuerliche Mehrbelastung stelle den wirtschaftlichen Nachteil dar, den der Beklagte ihr zu ersetzen habe. Der Beklagte hält sich dagegen nur in Höhe eines Betrages von 829,59 EUR (816 EUR Einkommensteuer, 13,59 EUR Kirchensteuer) für ersatzpflichtig, der sich ergeben würde, wenn die Klägerin getrennt zur Einkommensteuer veranlagt würde. Er hat den Klageanspruch in Höhe von 466 EUR (816 EUR ./. gezahlter 350 EUR) anerkannt.
[5] Das AG hat den Beklagten unter Berücksichtigung der geleisteten 350 EUR verurteilt, an die Klägerin 2.718,61 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und die Klage wegen des 466 EUR nebst Zinsen übersteigenden Betrages abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
[6] Die Revision hat nur in geringem Umfang Erfolg. Der Beklagte schuldet der Klägerin als Nachteilsausgleich nicht nur den anerkannten Betrag von 466 EUR (zuzüglich der geleisteten Zahlungen = insgesamt 816 EUR = Einkommensteuerschuld der Klägerin bei getrennter Veranlagung), sondern auch die im Falle der getrennten Veranlagung anfallende Kirchensteuer, die er selbst mit 13,59 EUR beziffert hat. Im Übrigen erweist sich die Revision dagegen als unbegründet.
[7] 1. Das Berufungsgericht hat einen über den anerkannten Betrag hinausgehenden Anspruch der Klägerin verneint. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
[8] Die Freistellungserklärung des Beklagten lasse nicht die Auslegung zu, dass er sich nicht nur zum Ersatz der steuerlichen Nachteile, die der Klägerin durch die Durchführung des begrenzten Realsplitting entstünden, habe verpflichten wollen, sondern auch zum Ersatz der steuerlichen Nachteile ihres Ehemannes. Dieser Würdigung stehe die Kenntnis des Beklagten, dass die Klägerin wiederverheiratet und eine Zusammenveranlagung mit dem neuen Ehemann möglich sei, nicht entgegen. Während die Versteuerung der Unterhaltsleistungen als Einkommen eine unmittelbare gesetzliche Folge der Zustimmung zu dem Realsplitting darstelle, beruhe die aus der Zusammenveranlagung resultierende steuerliche Mehrbelastung auf dieser Veranlagungsart. Sie häng...