a) Nachrangigkeit
Unter Hinweis auf die gesetzliche Systematik betont der BGH in seiner Entscheidung vom 18.3.2009, dass auch elternbezogene Gründe einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils entgegen stehen könnten, sofern – insoweit vorrangig – nicht schon kindbezogene Gründe gegen eine solche Erwerbstätigkeit sprächen. Die Nachrangigkeit ergibt sich aus der Anordnung in Absatz 2 des § 1570 BGB und seiner Qualifizierung als "Annex-Anspruch" des Anspruchs auf Basisunterhalt nach Absatz 1, für den nichtehelichen Elternteil daraus, dass sowohl Kindesbelange wie bestehende Möglichkeiten der Kindesbetreuung "insbesondere" genannt werden.
In der Praxis spielt die gewählte Rollenverteilung, aus der sich ein Vertrauensschutz ergeben kann, eine Rolle. Bei Eltern eines nichtehelichen Kindes ist von Bedeutung, ob und in welcher Weise die Eltern zusammengelebt haben und inwieweit der Lebensunterhalt durch die Erwerbstätigkeit eines Partners sichergestellt worden ist. In der aktuellen Entscheidung vom 16.12.2009 weist der BGH darauf hin, dass die Parteien mit dem gemeinsamen Kind als Familie zusammengelebt hätten, wodurch ein Vertrauenstatbestand auf Seiten der Kindesmutter entstanden sei. Angesichts eines 5 ½jährigen Zusammenlebens habe sie darauf vertrauen dürfen, nicht unverzüglich mit der Trennung eine vollschichtige Erwerbstätigkeit aufnehmen zu müssen. Die als Übergangszeit eingeräumte Frist von rund einem Jahr, die das Berufungsgericht für angemessen erachtet hatte, wurde vom BGH nicht beanstandet. Der Umstand, dass die Kindesmutter erkrankt war (Multiple Sklerose), führte dagegen nicht zu einer Anspruchsverlängerung; der BGH weist hier darauf hin, dass der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB keinen Krankheitsunterhalt vorsehe und die Erkrankung auch nicht auf die Geburt des gemeinsamen Kindes zurückzuführen sei.
b) Überobligatorische Tätigkeit
In seiner Entscheidung vom 18.3.2009 stellt der BGH heraus, dass selbst bei ganztägiger Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung – mit der Folge einer grundsätzlich in Betracht kommenden Vollzeittätigkeit – auf Seiten des betreuenden Elternteils bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf bestehen könne, der einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegen stehe bzw. eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit als teilweise überobligatorisch qualifizieren könne.
Hier ist in jedem Fall konkreter Sachvortrag von Seiten des kindesbetreuenden Elternteils gefragt. In der Entscheidung E 6 fehlte es an solchem Vortrag, sodass ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt verneint wurde, obwohl die Kinder erst neun und dreizehn Jahre alt waren. In der Entscheidung E 7 wurde der Anspruch dagegen bejaht unter Verneinung einer Verpflichtung zu vollschichtiger Erwerbstätigkeit, obwohl die Kinder schon elf und vierzehn Jahre alt waren; hier hatte die Kindesmutter einen weitergehenden nachschulischen Betreuungsbedarf sowie die Notwendigkeit hauswirtschaftlicher Tätigkeiten nach Rückkehr von der Arbeit und organisatorische Probleme im Zusammenhang mit Schulausbildung und sozialen Kontakten der Kinder vorgetragen. Deshalb wurde ihr im Ergebnis nur eine Erwerbstätigkeit von etwa 2/3 einer Vollzeitbeschäftigung zugemutet.
Die im Zusammenhang mit der Entscheidung des BGH vom 17.6.2009 teilweise angestellte Überlegung, die Überprüfung dieses Gesichtspunktes müsse eher bei den kindbezogenen als bei den elternbezogenen Gründen stattfinden, erscheint nicht überzeugend. Auch wenn sicherlich nicht zu bestreiten ist, dass eine Überforderung der Mutter durch die Doppelbelastung von Berufstätigkeit und Erziehung auch Auswirkungen auf das Kind haben kann, so sprechen doch mehrere Gesichtspunkte dafür, es bei einer Überprüfung im Rahmen der elternbezogenen Belange zu belassen. Zum einen bleibt nach der anderen Auffassung offen, wer die Auswirkungen auf das Kind bewerten soll. Zum anderen würde die eher wehleidige Mutter, die ihre eigene Befindlichkeit an das Kind weitergibt, durch diese Regelung privilegiert gegenüber dem Typ der "harten Kämpferin", die ihre Doppelbelastung lieber mit sich selbst abmacht, als ihr Kind damit zu belasten. Das entspricht dem Grundsatzproblem der Rechtsprechung zu überobligatorischen Einkünften, wonach verhindert werden muss, dass "der Fleißige der Dumme" ist.
Eine Überprüfung der Auswirkungen im Rahmen der elternbezogenen Gründe ermöglicht eine hinreichende Berücksichtigung der Art der mütterlichen Berufstätigkeit sowie der dortigen Rahmenbedingungen; die Krankenschwester-Fälle (E 5, 11) zeigen, dass dort Schichtdienst bzw. weite Anfahrt eine Rolle gespielt haben. Zur Problematik bei Kindesbetreuung durch...