Während die ältere Rechtsprechung den Kapitalisierungszinssatz oftmals vernachlässigt hatte, ist sich zumindest die neuere gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung der entscheidenden Rolle für die Bewertung (neben dem Zukunftsertrag) bewusst geworden und widmet ihm umfangreiche Überlegungen.
Der (quasi-)risikolose Basiszinssatz ist die Ausgangsgröße, die als sog. landesüblicher Zinssatz (öffentlicher Anleihen) bestimmt wird. Es ist mittlerweile eine eindeutige Tendenz erkennbar, die Herleitung des Basiszinssatzes unter Berücksichtigung des aktuellen Zinsniveaus und der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinsstrukturdaten aus der aktuellen Zinsstrukturkurve ("Svensson-Methode") vorzunehmen, wie sie auch im IDW S 1 empfohlen wird. Diese Methode habe den Vorteil, dass zum Bewertungsstichtag eine in die Zukunft gerichtete Bewertung der Unternehmensentwicklung erfolgt, deren Datengrundlage aus öffentlich zugänglichen und damit objektiven Quellen stammt. Die Rechtsprechung im Gesellschaftsrecht legt die Zinsstrukturkurve inzwischen regelmäßig für die Berechnung des Basiszinses zugrunde.
Da bei der Investition in ein Unternehmen im Gegensatz zur Anlage in öffentliche Anleihen die Risiken der unternehmerischen Tätigkeit zu berücksichtigen sind, ist der Basiszins um einen nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzenden Risikozuschlag zu erhöhen. Der Risikozuschlag soll demnach das sog. allgemeine Unternehmerrisiko abdecken, das darin gesehen wird, dass die Anlage von Kapital in einem Unternehmen mit einem größeren Risiko verbunden ist als die Geldanlage in öffentlichen Anleihen. Nach mittlerweile gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung kann der Risikozuschlag anhand des Capital Asset Pricing Modells (CAPM) bzw. dem Tax-CAPM bestimmt werden. Nach diesem wird die aus der langjährigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und (quasi-)risikofreien öffentlichen Anleihen ermittelte durchschnittliche Risikoprämie (Marktrisikoprämie) mit dem unternehmensindividuellen Betafaktor multipliziert. Der Verwendung des CAPM bzw. des Tax-CAPM komme "in der nationalen und internationalen Bewertungspraxis eine überragende Akzeptanz zu" und es biete ein hohes Maß an Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit.
Hinsichtlich der Höhe der anzusetzenden Marktrisikoprämie ist die Rechtsprechung den Bandbreitenempfehlungen des FAUB (Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW) weitestgehend gefolgt. Da die Höhe der Marktrisikoprämie zu kontroversen Diskussionen in Literatur und Rechtsprechung führt, erscheint es nach mehrheitlicher OLG-Auffassung angemessen, im Regelfall auch weiterhin den Empfehlungen des FAUB zu folgen. Bei diesem handele es sich um ein sachverständiges Gremium der mit Unternehmensbewertung befassten Wirtschaftsprüfer, deren Empfehlungen – wie auch die des IDW insgesamt – bei der Bewertung von Unternehmen nach der Ertragswertmethode in der Bewertungspraxis ganz überwiegend Anwendung finden. Um von diesen Empfehlungen abzuweichen, bedürfe es gewichtiger Gründe. Weder der Gesellschaft noch dem Gericht obliege es, umfassende wissenschaftliche Studien zu der Höhe der Marktrisikoprämie als einer letztlich ohnehin nicht zweifelsfrei ermittelbaren Größe durchzuführen, wenn der Verband der Wirtschaftsprüfer und damit der maßgeblichen Experten auf dem fraglichen Gebiet eine Bandbreite bekannt gibt, die zwar ggf. diskussionswürdig, aber zumindest nicht abwegig erscheint.
Während die Marktrisikoprämie die dem höheren Risiko einer Investition in ein Unternehmen allgemein Rechnung tragende Überrendite von Aktien gegenüber risikofreien Wertpapieren abbildet, dient der Betafaktor im Rahmen der Bemessung des Risikozuschlags der Berücksichtigung des individuellen Risikos des zu bewertenden Unternehmens. Betafaktoren haben eine große Wertrelevanz. Bei einem Beta unter 1 ist das Investitionsrisiko marktunterdurchschnittlich und umgekehrt bei einem Beta über 1 marktüberdurchschnittlich. Der im Rahmen des CAPM einzusetzende Betafaktor ist kein empirisch feststellbarer Vergangenheitswert, sondern ein ebenfalls durch Schätzung zu ermittelnder Zukunftswert. Grundlage für die Schätzung des Betafaktors ist "in erster Linie" der originäre, unternehmenseigene Betafaktor. Bei mangelnder Eignung des eigenen Betafaktors (oder bei fehlender Börsennotierung) ist der Beta-Faktor "ersatzweise" über eine Gruppe vergleichbarer börsennotierter Unternehmen (Peer-Group) abzuleiten. Zudem kann auch der Ansatz von Branchenbetas sachgerecht sein. Bei der Ermittlung des Beta-Faktors spielt auch die Verschuldung der Unternehmen eine gewichtige Rolle.
Der Wachstumsabschlag soll berücksichtigen, dass ein Unternehmen erfahrungsgemäß in der Lage ist, die Inflation durch Preiserhöhungen (jedenfalls z.T.) abzuwälzen. Die Höhe des Wachstumsabschlags hängt jeweils "vom Einzelfall" ab. Entscheidend ist, ob und in welcher Weise das konkrete Unternehmen aufgrund der Unternehmensplanung und der Erwartu...