In der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung genießt die Ertragswertmethode, folgend den betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen, schon lange den Vorzug. Diese hat sich (mittlerweile) auch in der familienrechtlichen Rechtsprechung durchgesetzt.
Auch wenn eine grundsätzliche Ausrichtung an den Erträgen zu begrüßen ist, sind die Ausführungen des 12. Senats zur Ermittlung des Ertragswertes aus betriebswirtschaftlicher Sicht kritisch zu sehen. Dies gilt zum einen für die Ableitung des Zukunftsertrags (siehe hierzu nächstes Kapitel). Darüber hinaus wirft die Ausgestaltung der modifizierten Ertragswertmethode, als Vermischung von Subtanzwert und ertragsorientiertem Goodwill, methodisch-konzeptionelle Fragen auf. Bei dem Ertragswertverfahren handelt es sich um ein Gesamtbewertungsverfahren, welches eine zusätzliche Einzelbewertung von betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen nach Substanzwerten ausschließt. Zudem ist der Substanzwert nach heutiger Auffassung zumindest bei erwerbswirtschaftlichen Unternehmen kein geeigneter Schätzmaßstab. Unter der Going-Concern-Annahme wird beim Substanzwert prinzipiell vom Nachbau des Unternehmens auf der "grünen Wiese" ausgegangen. Im Gegensatz zum Ertragswert liefert der Substanzwert somit keine Aussage, welche Erträge sich damit erwirtschaften lassen. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Substanz eines Unternehmens nicht relevant ist. Diese ist zur Erzielung der Erträge erforderlich. Die Erzielung von Erträgen ist ohne entsprechende Substanz i.d.R. nicht möglich.
Aus der Nichteignung des Subtanzwertes folgt jedoch auch, dass solche Mischverfahren für Zwecke der rechtsgebundenen Unternehmensbewertung heute in der Regel nicht mehr zulässig sind, da diese wegen der Berücksichtigung der Substanz zwangsläufig zu einer systematischen Wertverzerrung führen. Die Vorteile des Verfahrens liegen in erster Hinsicht in der vordergründig einfachen Berechnung. Ein solches Mischverfahren ist jedoch nach der heutigen Wirtschaftswissenschaft oder Betriebswirtschaftslehre weder anerkannt noch gebräuchlich. Es ist daher nicht verständlich, warum ausgerechnet im Familienrecht, wo die Wertermittlung eine solch materielle Bedeutung für die einzelnen Parteien haben kann, an betriebswirtschaftlich überholten Verfahren festgehalten wird. Auch für die Bewertung von inhabergeführten Unternehmen und Freiberuflerpraxen können Ertragswerte ermittelt werden, die die Inhaberabhängigkeit entsprechend berücksichtigen.
Die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode ist keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung und beurteilt sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Es ist jedoch eine Rechtsfrage, ob eine vom Tatrichter gewählte Bewertungsmethode oder ein innerhalb der Bewertungsmethode gewähltes Berechnungsverfahren den gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht. Die modifizierte Ertragswertmethode wird einem Bewertungsziel "Verkehrswert" allenfalls zufällig gerecht.
Auch das vereinfachte Ertragswertverfahren nach BewG, welches zumindest in der familienrechtlichen Bewertungspraxis regelmäßig zum Einsatz kommt, ist für eine Verkehrswertermittlung nicht geeignet. Hierbei handelt es sich um ein stark vereinfachtes Verfahren, das auch nach der Rechtsprechung nur eingeschränkt zum Vergleich herangezogen werden kann.