Kaufpreise im gewöhnlichen Geschäftsverkehr sagen über den Wert eines Unternehmens grundsätzlich Zuverlässigeres aus als sachverständige Schätzungen. Dies gilt zumindest dann, wenn sich zwischen dem Bewertungsstichtag und dem Stichtag der Veräußerung die Verhältnisse des Unternehmens nicht wesentlich verändert haben. In der Rechtsprechung werden solche Kaufpreise unterschiedlich behandelt.
Ein im Vorfeld gezahlter höherer Kaufpreis für Aktien ist im Gesellschaftsrecht irrelevant, da er für "wahren" Wert des Aktieneigentums allenfalls eine eingeschränkte Bedeutung hat. Im Familienrecht hingegen können tatsächlich erzielte Veräußerungspreise nach dem Bewertungsstichtag Relevanz entfalten. Nach dem 12. Senat besitzt ein im zeitlichen Zusammenhang mit dem Stichtag erzielter Preis zumindest eine "maßgebliche Indizwirkung". Die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 5.11.2014 geht sogar noch weiter. Mit Verweis auf die Rechtsprechung des BGH zum Pflichtteilsrecht hat sich die Bewertung von Nachlassgegenständen, die bald nach einem Erbfall veräußert worden sind, von außergewöhnlichen Verhältnissen abgesehen, nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf grundsätzlich an dem tatsächlich erzielten Kaufpreis zu orientieren. Welcher Zeitraum unter "bald nach dem Erbfall" zu verstehen ist, wurde in der Rechtsprechung sehr unterschiedlich behandelt (fünf Jahre bei einem Grundstück, ein Jahr bei einem GmbH-Anteil, nach dem OLG Düsseldorf ist ein zeitnaher Verkauf auch dann noch anzunehmen, wenn die Veräußerung ein Jahr nach dem Erbfall stattfindet. Eine unbesehene Übernahme des Kaufpreises ist jedoch nicht sachgerecht. Die Kaufpreise sind nur dann beachtlich, wenn keine wesentlichen Veränderungen des Marktes ersichtlich sind oder andere außergewöhnliche Verhältnisse vorliegen.
Ob ein nach dem Bewertungsstichtag erzielter Kaufpreis noch die Verhältnisse des Unternehmens am Stichtag widerspiegelt, kann nach Ansicht der Verfasser nur einzelfallabhängig unter Berücksichtigung der Unternehmens- und Marktverhältnisse entschieden werden. Die Rechtsprechung fokussiert sich bisher vor allem auf eine mögliche Veränderung der Marktverhältnisse. Viel entscheidender ist jedoch die Frage, ob sich das wirtschaftliche Bild des Unternehmens zwischen den beiden Stichtagen verändert hat. Selbst bei einer deutlich verschlechterten Marktlage kann ein Unternehmen einen höheren Wert haben. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn dem Unternehmen bspw. nach dem Stichtag weiteres Eigenkapital zugeführt wurde oder zwischenzeitlich Gewinne thesauriert wurden. In diesen Fällen ist der Wert des Unternehmens auch bei sonst gleichen Unternehmens-, Ertrags- und Marktverhältnissen automatisch höher. Die Berücksichtigung eines deswegen höheren Kaufpreises wäre hingegen nicht sachgerecht, da dieser nicht die Unternehmensverhältnisse zum Bewertungsstichtag widerspiegelt.