Bei der Frage nach der Sachverständigentätigkeit im Kontext der Familie stellt sich mittlerweile die kaum noch beantwortbare Frage, was in heutiger Zeit unter einer Familie zu verstehen ist und wann eine spezielle Gruppe von Menschen als Familie bezeichnet oder angesehen wird.
I. Familie
Für Soziologen und Sozialpsychologen charakterisierte vor ca. 50 Jahren das nahezu einzige allgemeingültige Kennzeichen der Familie das Zusammenleben in einem Haushalt einer durch Ehe verbundenen heterosexuellen Lebensgemeinschaft von Vater, Mutter und Kind(ern) (so z.B. Parsons vor ca. 50 Jahren).
Die Mutterrolle stand damals – gelegentlich auch heute noch – mit einem "expressivem Verhalten", also einem gefühlvollen und auf die Bedürfnisse anderer – vor allem der Kinder – orientiertem Verhalten in einem fast untrennbaren Zusammenhang.
Die Ehefrau und Mutter war für den Haushalt und vor allem für die Pflege und Erziehung der Kinder verantwortlich, während die Vaterrolle mit einem eher "instrumentellen Verhalten" verknüpft war: der Ehemann und Vater hatte für die ökonomische Sicherheit seiner Familie zu sorgen.
Heute sind die Eltern für alles zuständig, spezielle Rollenmuster (außer Gebären und Stillen) haben an Bedeutung verloren, sind aber immer noch erkennbar.
II. Was ist Familie heute?
Familie definiert sich (vgl. hierzu die ausführlichen Ausführungen bei Nave-Herz):
▪ |
nach ihrer "biologisch-sozialen Doppelnatur", durch Übernahme der biologischen und sozialen Reproduktions- und Sozialisationsfunktion neben anderen gesellschaftlichen Funktionen, die kulturell variabel sind, |
▪ |
in der Generationsdifferenzierung (Urgroßeltern/Großeltern/Eltern bzw. Mutter oder Vater/Kind(er)), |
▪ |
im Sinne des zwischen ihren Mitgliedern bestehenden spezifischen Kooperations- und Solidaritätsverhältnisses, aus dem heraus die jeweiligen Rollendefinitionen und die Betreuung sowie Versorgung der Kinder festgelegt werden. |
III. Familientypen
Folgende Kern-Familienformen können sich nach typischen Mustern eines Familienbildungsprozesses heranbilden (hierzu nur einige Beispiele):
▪ |
Eltern-Familie (aufgrund biologischer Elternschaft), |
▪ |
Stieffamilien bzw. Fortsetzungsfamilien, |
▪ |
Patchwork-Familie, auch "komplexe" Stieffamilie genannt als Familie mit Kindern aus vorherigen Partnerschaften oder als Familie mit Kindern aus vorherigen Partnerschaften und gemeinsamen Kind(ern) aus bestehender neuer Partnerschaft, |
▪ |
Pflege- und Adoptionsfamilien, |
▪ |
Inseminationsfamilien mit Wunscheltern und einer Leihmutter- bzw. Ersatzmutter. |
So gut wie alle Familien (bis auf die Kinderehen mit Kind und einer sehr jungen Mutter) sind durch zwei psychosoziale Kriterien gekennzeichnet, die sie von anderen Sozialgebilden unterscheiden:
▪ |
die Generationsdifferenzierung und das |
▪ |
spezifische Solidaritätsprinzip, das durch
▪ |
Nähe, |
▪ |
Privatheit, |
▪ |
Intimität und |
▪ |
Abgrenzung |
|
bestimmt wird.