BGH, Beschl. v. 27.3.2019 – XII ZB 345/18
1. Der personensorgeberechtigte Elternteil hat wie auch der umgangsberechtigte Elternteil in entsprechender Anwendung der §§ 1632 Abs. 1, 1684 Abs. 2 BGB grundsätzlich einen Anspruch auf Herausgabe des Kinderreisepasses.
2. Der Herausgabeanspruch besteht nur insoweit, als der berechtigte Elternteil für die Ausübung seines Rechts den Kinderreisepass benötigt.
3. Die berechtigte Besorgnis, dass der die Herausgabe begehrende Elternteil mit Hilfe des Kinderreisepasses seine elterlichen Befugnisse überschreiten will (etwa das Kind ins Ausland entführen), kann dem Herausgabeanspruch entgegenstehen.
BGH, Beschl. v. 3.4.2019 – XII ZB 359/17
1. Im Verfahren über die familiengerichtliche Genehmigung eines von Eltern als gesetzlichen Vertretern ihres minderjährigen Kindes abzuschließenden Vertrages bedarf es zur Vertretung des nicht verfahrensfähigen Kindes im Verfahren und für die Bekanntgabe der die Genehmigung aussprechenden Entscheidung keines Ergänzungspflegers (Fortführung von Senatsbeschl. v. 12.2.2014 – XII ZB 592/12, FamRZ 2014, 640 [m. Anm. Zorn]).
2. Etwas anderes gilt nur, wenn und soweit die Eltern nach § 1795 BGB kraft Gesetzes von der Vertretung ausgeschlossen sind oder ihnen die Vertretung wegen einer bestehenden Interessenkollision nach § 1796 BGB durch gerichtliche Entscheidung entzogen worden ist (im Anschluss an Senatsbeschl. BGHZ 191, 48 = FamRZ 2011, 1788 [m. Anm. Stößer, S. 1859], und v. 27.6.2018 – XII ZB 46/18, FamRZ 2018, 1512 [m. Anm. Menne]).
OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.4.2019 – 13 UF 171/18
1. Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus. Die gemeinsame elterliche Sorge ist daher aufzuheben, wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern vorliegt, die befürchten lässt, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen (vgl. BGHZ 211, 22–37, Rn 27 m.w.N.).
2. Zur Gewichtung der Übertragungskriterien für die elterliche Sorge bei einem schwerstbehinderten Kind.
3. Eine Änderung des Verfahrensgegenstandes im Beschwerdeverfahren ist im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht zulässig (BGH FamRZ 1990, 606, 607). Insbesondere kann im Sorgerechtsverfahren das Beschwerdegericht nicht erstmals über den Umgang entscheiden (vgl. Staudinger/Dürbeck, BGB, 2019, § 1684 Rn 502 m.w.N.).
OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.10.2018 – 15 UF 170/18
1. Der zwischen den Eltern bestehende Konflikt über den Aufenthalt des gemeinsamen Kindes (hier: Umzug der Mutter nach Frankreich) ist nicht auf der Grundlage des § 1628 BGB, der nur die Übertragung der Entscheidungsbefugnis unter Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge regelt, zu beurteilen.
2. Ein erstmals im Beschwerdeverfahren gestellter Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts kann nicht zu einer Überprüfung auf der Grundlage des § 1671 BGB durch das Beschwerdegericht führen, wenn im ersten Rechtszug lediglich ein Antrag nach § 1628 BGB gestellt war.
OLG Koblenz, Beschl. v. 14.11.2018 – 13 UF 413/18, FamRZ 2019, 804 m. Anm. Rake, S. 806
1. Setzt sich der Vater nicht nur gegen den Umzug des Kindes zur Wehr, sondern erstrebt im Falle eines Umzugs der Mutter den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes bei ihm, so ist keine Entscheidung nach § 1628 BGB zu treffen, sondern eine solche über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gemäß § 1671 Abs. 1 BGB. (red. LS)
2. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ein Kind kann einem umzugswilligen Elternteil auch in der Art übertragen werden, dass er dieses erst ab dem Zeitpunkt zur alleinigen Ausübung erhält, zu welchem das Kind die Grundschule beendet hat, und es bis dahin beim – einen Umzug verhindernden – gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrecht verbleibt.
OLG Köln, Beschl. v. 13.11.2018 – 10 WF 164/18, FamRZ 2019, 823
1. Ob die Ausschlagung einer Erbschaft nach § 1643 Abs. 2 BGB genehmigungsfähig ist, hängt nicht allein von dem wirtschaftlichen Interesse des Mündels unter Berücksichtigung des Nachlassbestands, sondern von einer umfassenden Würdigung seiner Gesamtbelange samt seiner persönlichen Interessen ab (vorliegend bejaht wegen Entfremdung vom Erblasser und Erbausschlagung vorrangiger Erben).
2. Eine Erbausschlagung eines Erben, der im staatlichen Leistungsbezug steht, ist zwar regelmäßig nicht genehmigungsfähig, da insoweit dem Staat die Möglichkeit eines Rückgriffs bzw. einer Einschränkung seiner Leistungen entzogen wird. Anderes gilt aber, wenn durch die Erbschaft allenfalls ein Wertzufluss unterhalb des Schonvermögens i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 1, 1a SGB II zu erwarten ist.