Die "Görgülü"-Entscheidung des BVerfG von 2004, bei der es um das Umgangsrecht eines (türkischen) Kindsvaters für sein bei Pflegeeltern lebendes Kind ging, steht an der Spitze der einschlägigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, weniger im Hinblick auf die grundrechtlichen als vielmehr im Hinblick auf die menschenrechtlichen Aspekte des Falles. Vor allem legt das BVerfG in dieser Entscheidung ein klares Bekenntnis zur Bedeutung der durch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) konkretisierten Bindung der nationalen, hier: deutschen, (Fach-)Gerichte an die Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ab. Die zunächst erfolgte Ablehnung des Umgangsrechts durch das OLG Naumburg hatte das BVerfG noch passieren lassen; nach der daraufhin zugunsten des Kindsvaters erfolgten Intervention des EGMR nahm das BVerfG den "Fehdehandschuh", den ihm das Oberlandesgericht erneut hingeworfen hatte, jedoch auf und belehrte dieses in sehr grundsätzlicher Art und Weise darüber, dass zur Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Entscheidungen des EGMR im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung gehörten. Die fehlende Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Gerichtshofs stelle im vorliegenden Fall eine Verletzung des durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Umgangsrechts des Kindsvaters in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip dar. Dabei sei "… von zentraler Bedeutung, dass der vom EGMR festgestellte Verstoß Deutschlands gegen Art. 8 EMRK andauert, weil der Beschwerdeführer weiterhin keinen Umgang mit seinem Kind hat." Trotz dieser eindeutigen und grundsätzlichen Positionierung bedurfte es noch mehrfacher Interventionen des BVerfG, bis das OLG Naumburg "klein beigab".
In scharfem Kontrast zu der Fallgestaltung in der Sache "Görgülü" stand die Auseinandersetzung, über die das BVerfG wenige Jahre später zu entscheiden hatte: Der Vater eines aus einer außerehelichen Beziehung stammenden Sohnes hatte zwar die Vaterschaft anerkannt und Unterhalt geleistet, lehnte jedoch einen Umgang mit seinem nichtehelichen Sohn ab. Auf Antrag der Kindsmutter ordnete daraufhin das Oberlandesgericht betreuten Umgang des Vaters mit dem Kind für die Dauer von 2 Stunden alle 3 Monate an und drohte für den Fall der Verweigerung ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 EUR an. Eine solche zwangsweise Durchsetzung der sich seinerzeit aus § 33 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 FGG i.V.m. § 1684 Abs. 1 BGB ergebenden Umgangspflicht diene, so das BVerfG, bei verfassungskonformer Auslegung der sich aus Art. 6 Abs. 2 GG ergebenden Rechte des Kindes auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern einerseits und der korrespondierenden Rechte und Pflichten der Eltern andererseits nicht dem Kindeswohl – es sei denn, es gebe im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass "… aufgrund der Unbefangenheit des Kindes eine reale Chance besteht, dass das Kind in der Lage ist, durch sein offenes und freundliches Verhalten den Widerstand des den Kontakt zu ihm meidenden Elternteils aufzulösen, so dass ein zunächst erzwungener Umgang dennoch dem Kindeswohl dienen kann".
Neben diesen zwei Senatsentscheidungen des BVerfG zum Umgangsrecht aus neuerer Zeit sind entsprechende Kammerbeschlüsse "Legion", wobei es sehr häufig um die Positionierung von Sachverständigen und um die Verwertung der von ihnen erstatteten Gutachten in entsprechenden familiengerichtlichen Verfahren geht.