Der Gesetzentwurf spricht von einer Primärzuordnung für die zunächst bestimmte Besetzung der Elternstelle (in der Regel nach § 1592 BGB), und von einer Sekundärzuordnung, wenn es um den Austausch eines Elternteils in Folge einer Anfechtung geht.
Für die Primärzuordnung des Vaters enthält der Gesetzentwurf die derzeitige, weltweit übliche und bewährte pater-est-Regel. Zunächst wird also der Ehemann der Mutter stets rechtlicher Vater des Kindes. Unverändert bleibt auch die Möglichkeit der Anerkennung der Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter, die in den Fällen wichtig wird, in denen die Mutter unverheiratet ist.
Verändert worden ist jedoch die Sekundärzuordnung, also die Ausgestaltung der Anfechtungsmöglichkeiten.
Helms hat in seinem Gutachten für den Juristentag eine vollständige Abschaffung der in § 1600 Abs. 2 BGB vorgesehenen besonderen Voraussetzungen für die Anfechtung der Vaterschaft durch den genetischen Vater gefordert. Der genetische Vater soll also auch dann anfechten dürfen, wenn eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater besteht. Zugleich schlägt Helms dort vor, die Anfechtungsfrist generell auf ein Jahr ab Kenntnis von der potentiellen genetischen Vaterschaft zu verkürzen.
Der Gesetzentwurf folgt dem teilweise, differenziert aber noch weiter. Wie Helms vorschlägt, sieht der Entwurf in § 1600e Abs. 1 S. 1 BGB-E eine Verkürzung der Anfechtungsfrist auf ein Jahr ab Kenntnis vor. Denn es erscheint einerseits generell richtig, die Vaterschaft möglichst früh möglichst endgültig zu fixieren, damit das Kind in gesicherten Verhältnissen aufwachsen kann und die Familie nicht unnötig belastet wird. Andererseits muss aber der (potentielle) genetische Vater die Möglichkeit haben, zumindest innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Vaterstellung wirklich einnehmen zu können. Der Entwurf sieht daher nun in drei Fällen einen Vorrang des genetischen Vaters vor dem rechtlichen Vater vor. Das gilt erstens wie früher, wenn der rechtliche Vater keine sozial-familiäre Verbindung mit dem Kind hat. Zweitens gilt es aber nach § 1600a Abs. 2 S. 1 BGB-E in jedem Fall für einen Zeitraum von sechs Monaten nach der Geburt. Und drittens hat der genetische Vater einen Vorrang vor dem rechtlichen Vater bzw. der Mit-Mutter, wenn beide Väter bzw. Vater und Mit-Mutter eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind haben und die Beziehung zu dem genetischen Vater für das Kind wichtiger ist (§ 1600a Abs. 2 S. 2 BGB-E). Damit hält der Entwurf an dem Kriterium der sozial-familiären Beziehung fest. Es handelt sich dabei grundsätzlich um einen klugen und Stabilität gewährleistenden Ansatz. Allerdings hatte die Praxis auch gezeigt, dass das Kriterium noch zu einfach ist und weiterentwickelt werden muss. Genau dies versucht der Entwurf. Er schreckt dabei vor Ermessenslösungen zurück, die auch bereits vorgeschlagen worden sind. Das ist verständlich, da diese Lösungen zwei Gefahren in sich bergen. Zum einen können sie zu verlängerten, verschärften gerichtlichen Auseinandersetzungen führen, was dem Familienleben immer abträglich ist. Zum anderen tragen sie aber auch die Gefahr in sich, dass der Richter – sei es bewusst oder unbewusst – letztlich dem Elternteil den Vorrang gewährt, der für die Elternrolle menschlich geeigneter erscheint. Genau eine solche Auswahl darf aber der Staat bei der Abstammung in keinem Fall treffen.
Nur einen Punkt, der in der Vergangenheit viel diskutiert worden ist, lässt der Entwurf damit unbeachtet und sogar ganz unerwähnt. Immer wieder ist vorgeschlagen worden, die Frist für die Anfechtung dann wiederaufleben zu lassen, wenn die sozial-familiäre Verbindung des rechtlichen Vaters mit dem Kind später endet. Man kann sich den Extremfall vorstellen, dass die Mutter vor der Geburt den genetischen Vater verlässt. Sie heiratet einen anderen Mann, der zum rechtlichen Vater wird. Nach einigen Jahren finden jedoch Mutter und genetischer Vater, der erst über sechs Monate nach der Geburt von der Schwangerschaft erfahren hatte, und deshalb nicht von der Anfechtung in den ersten sechs Monaten nach der Geburt Gebrauch machen konnte, wieder zusammen. Sollte hier nicht ein Austausch der Väter möglich sein? Das kann man wohl vertreten, aber die Entscheidung des Entwurfs, ausnahmslos bei der Frist von einem Jahr zu bleiben, hat ihre Stärke in der Stabilität. Der zweite Elternteil soll eben nicht beliebig ausgetauscht werden können, je nachdem wie sich die sozial-familiären Beziehungen verändern, sondern er bleibt – nach Ablauf einer gewissen Zeit – sicher erhalten.
Der Entwurf vereinigt damit drei wesentliche Elemente in einer guten Balance, nämlich Stabilität für das Kind und die Rechte des rechtlich-sozialen Elternteils auf der einen und des genetischen Vaters auf der anderen Seite. Wenn man sich darauf zurückbesinnt, dass Stabilität für das Kind – als besondere Ausprägung des Kindeswohls – letztlich im Rahmen des Abstammungsrechts das auch vom Grundgesetz vorgegebene "Metaziel" sein muss, scheint...