aa) Überblick
Die sehr konsequente Lösung des Entwurfs ist differenziert zu bewerten. Richtig ist es zunächst, dass der offizielle Samenspender von allen väterlichen Pflichten befreit ist und nicht als Vater festgestellt werden kann. Fraglich ist aber, ob nicht für die Becherspende doch in bestimmten Fällen noch ergänzende Regelungen gefunden werden sollten. Richtig ist wiederum, dass die zweite Elternstelle in vielen Fällen gut mit der Person besetzt werden kann, die als Partner der Mutter in die Samenspende eingewilligt hat. Doch trifft dies nicht in allen Fällen zu, so dass auch hier genauer differenziert werden muss.
bb) Möglichkeit des Verzichts auf die Vaterstellung bei der Becherspende
Nach dem Entwurf kann ein verbindlicher Austausch der zweiten Elternstelle, und damit vor allem die oft angestrebte Mit-Mutterschaft, einzig auf dem Weg der offiziellen Samenspende erreicht werden. Verbindliche private Absprachen in Verbindung mit einer Becherspende sind nicht möglich. Die Rechtsprechung in Deutschland zeigt nun, dass die private Samenspende ein nicht selten genutzter Vorgang ist und dass dabei seit Jahren viele Probleme auftreten. Häufig entstehen Unsicherheit und Streit darüber, wer letztlich die zweite Elternstelle einnehmen darf. Die Rechtslage wird sich hierbei schon allein dadurch verschieben, dass zukünftig bei einer verheirateten Empfängerin deren Ehefrau zur Mit-Mutter wird. Doch kann dann, wie gezeigt, der Becherspender deren Elternstellung anfechten. Es fragt sich daher, ob die alleinige Option der offiziellen Samenspende ausreichen kann.
Für den Versuch, den "Graubereich" der Becherspende mit sicheren Regelungen zu versehen, spricht Vieles. Wie auch der Entwurf selbst bemerkt, ist die ärztlich assistierte Samenspende teuer. Allein schon deshalb werden viele Wunscheltern sie auch weiterhin meiden. Dazu kommt, dass viele Frauen eine Hemmung vor der technischen, unpersönlichen medizinischen Behandlung bei der ärztlich assistierten Samenspende haben dürften.
Doch scheint die Regelung eines privat vereinbarten Verzichts(vertrags) fast unmöglich. In jedem Fall müssten hohe formale Anforderungen an diese "Entlassung aus der Elternstellung" gestellt werden. Denn der auf seine grundrechtlich geschützte Elternposition verzichtende Mann müsste voll aufgeklärt und überlegt handeln. Will man, wie der Diskussionsteilentwurf, zugleich eine andere Person für die zweite Elternstelle verbindlich bestimmen, dann gilt die Notwendigkeit der Aufklärung und Warnung umso mehr. Denn die Motivation bei der Einwilligung kann sehr unterschiedlich sein (näher gleich cc). Dass es – neben der zweifellos überragend wichtigen Verantwortung für ein Kind – auch um hohe finanzielle Zusagen über einen sehr langen Zeitraum geht, ergibt sich für den Einwilligenden keinesfalls von selbst. Die einwilligende Person bedarf daher dringend der Beratung, um den Ernst der Erklärung wirklich erkennen zu können. Denkt man daher an eine notarielle Form oder eine Erklärung beim Standesamt, so kann man damit zwar die Kosten vielleicht etwas senken und die Bedenken vor der medizinisch-technischen Maßnahme mildern. Aber ein großer Bereich wird "grau" bleiben, weil damit zu rechnen ist, dass die beteiligten Personen die Samenspende weiterhin oft durchführen werden, ohne diese Formerfordernisse einzuhalten.
Es gibt aber noch weitere wichtige Argumente gegen eine solche Regelung der Becherspende. Der Übergang vom klassischen Zeugungsakt bis zur Becherspende ist nämlich, wie auch der BGH schon aufgezeigt hat, völlig fließend. Man wäre im Grunde gezwungen, in den Fällen, in denen eine eindeutige, formgerechte Regelung getroffen wurde, immer den genetischen Vater aus der Elternstellung zu entlassen, ganz gleich, auf welche Art das Kind gezeugt wurde. Das kann aber schon aus Sicht des Kindes nicht gewollt sein, und es öffnet Missbrauch Tür und Tor. Wenn man nun einwenden will, dass eine solche – im Grunde völlig freie – Vereinbarung über die Elternschaft zwischen drei Personen doch in einer modernen, auf Autonomie basierenden Gesellschaft möglich sein müsse, dann ginge das zumindest doch sehr weit.
cc) Feststellung der einwilligenden Person als Elternteil
Problematisch ist im Übrigen die Gleichstellung der einwilligenden Person mit einem genetischen Elternteil. Das gilt zum einen, wenn die einwilligende Person später die Elternstellung keinesfalls mehr einnehmen will. Man muss sich klar machen, dass dann schon die Feststellung der Elternschaft des/der Einwilligenden (§ 1598c Abs. 2 BGB-E) den Gedanken der Verantwortung und der Statussicherheit sehr strapaziert. Das Kind erhält so eine Person als Elternteil, die weder die Elternrolle einnehmen möchte noch genetisch mit dem Kind verwandt ist, nur weil di...