Wer also kann oder darf Zugriff auf die Daten nehmen? Was passiert nun mit diesen ganzen Daten im Erbfall?
Zunächst einmal hat derjenige der die Passwörter besitzt Zugriff auf die entsprechenden Daten, sofern diese vom Anbieter noch nicht gesperrt wurden. Sind diese Zugriffsdaten sauber aufgezeichnet und gut verwahrt, ist das kein Problem. Viele Anbieter verweisen ihre Kunden in den Vertragsbedingungen jedoch darauf, Passwörter nicht aufzuschreiben, um Fremden keinen Zugriff auf das Konto zu geben. Oftmals sind die Zugangsdaten aber eben nicht aufgeschrieben und irgendwo hinterlegt, sondern entweder gar nicht oder verschlüsselt gespeichert. Oftmals ist ein Aufzeichnen und Hinterlegen der Accountdaten auch vertragswidrig bzw. schließt die Haftung des Anbieters für den Missbrauch des Accounts aus, da dadurch Sorgfaltspflichten verletzt werden. Daher wird vielfach von einem unverschlüsselten Hinterlegen von Login-Daten abgeraten, denn innerhalb der Accounts können mit diesen Daten kostenpflichtige Leistungen oder Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen ausgeführt werden.
Kennt der Rechtsnachfolger die Zugangsdaten nicht, gibt es nur noch die Möglichkeit über den Anbieter an die Zugangsdaten zu kommen. Häufig sind im digitalen Anwendungsbereich Zugangs-Accounts über eine Emailadresse oder über eine Telefonnummer verknüpft, deren Kenntnis dann im Erbfall ebenfalls besondere Bedeutung zukommt.
Dabei stellt sich die Frage, haben die Erben auch das Recht den entsprechenden Zugang zu bekommen? Wie weit muss der Anbieter einen Zugang ermöglichen und in welcher Form muss der Diensteanbieter diesen Zugang gewähren.
Es gilt der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge
Die Ausgangslage scheint zunächst eindeutig. Das deutsche Erbrecht wird von dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) bestimmt, dass in § 1922 Abs. 1 BGB folgenden Ausdruck gefunden hat:
Zitat
"Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über".
Zu dem "als Ganzes" übergehenden Vermögen einer Person gehören auch deren schuldrechtliche Ansprüche und Vertragsverhältnisse, insbesondere auch alle Nebenrechte aus dem Vertragsverhältnis. Dazu gehören Gestaltungsrechte wie das Kündigungsrecht oder Auskunftsansprüche.
Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen. So die höchstpersönlichen Rechte des Erblassers, aber auch, wenn es nach der Art des Schuldverhältnisses gerade auf die Leistungserbringung durch oder gegenüber einer bestimmten Person ankommt (z.B. Gesangsaufführung durch den Erblasser) oder wenn eine besondere Interessenlage vorliegt (z.B. bei der Wohnraummiete, s. §§ 563, 563a BGB).
Eine gesetzliche Ausnahme für die Vererblichkeit von E-Mail-Accounts gibt es im Erbrecht grundsätzlich nicht. Dieses ist auch richtig so. Hat der Erblasser etwas anderes verfügt, so soll dieses gelten. Somit treten die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch in die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag des Erblassers mit dem Dienstanbieter ein, wie auch sonst in Verträge des Erblassers.
Als Vergleich für die Behandlung des digitalen Nachlasses wurden immer zwei Bestandteile herangezogen, das Girokonto und dessen Stellung im Erbfall, sowie die Vererblichkeit von Liebesbriefen, die der oder die Geliebte an den oder die Erblasser/in geschrieben hat und die der oder die Geliebte nun zurückhaben möchte.
Allerdings hinken solche Vergleiche, da die infrage stehenden Nachlassbestandteile rechtlich nicht mit dem Vertragsverhältnis mit dem digitalen Dienstleister, wie z.B. dem E-Mail-Anbieter vergleichbar sind. Es handelt sich um eine grundsätzlich andere Systematik.
Bei einem Girovertrag ist grundsätzlich zwischen dem eigentlichen Giroverhältnis und dem Guthaben auf dem Girokonto zu unterscheiden. Die Inhaberschaft des E-Mail-Accounts kann nicht mit der Kontoinhaberschaft beim Giroverhältnis gleichgestellt werden, da es hier nicht um höchstpersönliche Merkmale, wie Bonität und Kreditwürdigkeit geht.
Auch wenn man für den Vertrag des Erblassers mit dem E-Mail-Provider gewisse Parallelen zu der Rechtsprechung des BGH zu Girokontoverhältnissen ziehen kann, folgt daraus gerade nicht, dass die Kontoinhaberschaft nicht Teil des Nachlasses ist. Es spricht nach der Rechtsprechung des BGH nunmehr alles dafür, dass der Erbe grundsätzlich in das Vertragsverhältnis mit dem E-Mail-Dienstanbieter eintritt, vgl. § 1922 BGB.
Eine Ausnahme von dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge im Falle eines E-Mail-Accounts könnte sich bei rein privaten E-Mailinhalten ergeben. Diese könnten höchstpersönliche Rechte darstellen. Hier jedoch pauschal eine Differenzierung vorzunehmen erscheint schwierig. Der BGH bezieht daher das Zugriffsrecht der Erben zu Recht auf den gesamten Account des digitalen Dienstanbieters.
Allenfalls dann, wenn man in den privaten Emailinhalten beispielsweise einen postmortalen Persönlichkeitsschutz erkennt, könnten diese privaten E-Mails nicht im normalen Erbgang dem Erben, sondern den nächsten Ange...