Beim Trennungsunterhalt bestehen im Trennungsjahr entscheidende Besonderheiten. Zunächst laufen im Regelfall bis zur Zustellung des Scheidungsantrags noch die großen beiden Ausgleichssysteme im Rahmen der Scheidungsfolgen in Bezug auf das Vermögen (§ 3 Abs. 1 VersAusglG Ehezeit für den Versorgungsausgleich; § 1384 BGB für den Zugewinn). Dies drängt tendenziell den Gläubiger zur Eile und den Schuldner zum Abwarten. Denn nach der Auffassung des BGH stellt rückständiger Trennungsunterhalt bei der Bestimmung des Zugewinns beim Gläubiger eine Vermögensposition dar und beim Schuldner eine Verbindlichkeit dar. Kann der Schuldner also erhebliche Teile oder gar den vollständigen Unterhalt bis zur Zustellung des Scheidungsantrags zurückhalten, so kommt es zu dem absurd anmutenden Ergebnis, dass im Falle beidseitiger Zugewinne eine Spreizung in Höhe der doppelten Rückstände zwischen den Endvermögen der Ehegatten entsteht. Der Gläubiger kann so seinen Anspruch auf Unterhaltsrückstand an den Schuldner über den Zugewinnausgleich wieder zurückzuzahlen verpflichtet sein (Bsp: EM hat 100.000 EUR Endvermögen und EF ebenfalls 100.000 EUR Endvermögen, beide haben kein Anfangsvermögen; bei 10.000 EUR Trennungsunterhaltsrückstand hat der EM 90.000 EUR Zugewinn und die EF 110.000 EUR Zugewinn. Die EF müsste demnach 10.000 EUR Zugewinnausgleich an den EM zahlen; hat nur der EM einen Zugewinn, so zahlt die EF wenigstens die Hälfte der Rückstände über den Zugewinnausgleich mit; nur wenn keine Zugewinne entstehen, bleibt dieses Vorgehen folgenlos; gleiches gilt bei Gütertrennung oder entsprechender Modifikation der Zugewinngemeinschaft). Dies erscheint unbillig und setzt Anreize, die Zahlungen wenigstens teilweise zu obstruieren und zu verschleppen. Der berechtigten Kritik an der Rechtsprechung des BGH ist beizupflichten. Der Unterhalt wird aus dem Einkommen, nicht aus dem Vermögen gezahlt. Der BGH begründet seine Auffassung damit, dass das Vermögen des Schuldners im Falle der Zahlung des Unterhalts dessen Vermögen in äquivalenter Weise schmälern würde und das Vermögen des Gläubigers in äquivalenter Weise erhöhen würde. Das überzeugt nicht. Denn der Gläubiger deckt aus dem Unterhalt den laufenden Lebensbedarf, so dass nicht zu erwarten und auch nicht vorgesehen ist, dass er den Unterhalt spart. Der Schuldner wiederum greift für die Unterhaltszahlungen wohl nur äußerst selten sein Vermögen an. Selbst wenn er dies täte, müsste er das gesparte Einkommen noch zusätzlich ausgeben, um eine Neubildung des Vermögens zu verhindern. Das wäre ökonomisch unsinnig, da er nur 45 % des für den Unterhalt einzusetzenden Einkommens für Unterhaltszahlungen verwenden muss. Ein solches Ausgabeverhalten ist besonders bei steigenden Kosten nach der Trennung für beide doch eher lebensfremd. Der BGH also setzt mit dieser Rechtsprechung zweifelhafte Verhaltensanreize in einer wirtschaftlich häufig brisanten und von knapperen Mitteln geprägten Zeit wie dem Trennungsjahr.
Im Übrigen greift der Effekt auch beim Kindesunterhalt. Dort würde die eine zusätzliche Verbindlichkeit beim Unterhaltsschuldner bis zur Zustellung des Scheidungsantrags aufgebaut, nicht jedoch ein Anspruch des Trennungsunterhaltsgläubigers. Auf diese Weise zahlt der Trennungsunterhaltsgläubiger in den oben genannten Konstellationen wenigstens die Hälfte des Kindesunterhaltsrückstandes über den Zugewinnausgleich mit, indem etwa der eigene Anspruch sich entsprechend kürzt oder sogar ein Anspruch des anderen Ehegatten entsteht.
Diesen Effekt kann man aus Sicht des Gläubigers nur verhindern, wenn man die Zahlungen zügig erzwingt, was notfalls über eine einstweilige Anordnung geschehen müsste. Hier ist also Achtsamkeit gefragt.