a) Hauptsacheunabhängigkeit
Eines der Reformziele des FamFG bestand darin, das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einfacher, übersichtlicher und kostengünstiger zu machen. Deshalb wurden die – bis dahin in ZPO und FGG verteilten – unübersichtlichen und lückenhaften Regelungen zum Erlass der einstweiligen Anordnung nunmehr in den §§ 49 – 57 FamFG reformiert und zusammengefasst. Die Reform besteht u.a. darin, dass die einstweilige Anordnung teilweise an Arrest und einstweilige Verfügung insbesondere dadurch angepasst wird, dass die Akzessorietät entfallen ist mit der Folge, dass es keiner Anhängigkeit einer gleichartigen Hauptsache oder eines Scheidungsverfahrens (bzw. eines Eingangs eines entsprechenden VKH-Gesuchs) mehr bedarf. Nunmehr sind einstweilige Anordnung und Hauptsache zwei voneinander getrennte unabhängige Verfahren (§ 51 Abs. 3 FamFG).
b) Hauptsacheentbehrlichkeit
aa) Grundsätze
Das Recht der einstweiligen Anordnung wurde im FamFG grundlegend neu gestaltet, und zwar im Allgemeinen in den § 49 ff. FamFG, im Besonderen für Unterhaltssachen in den §§ 246 – 248 FamFG (s. dazu unter V.). Die Regelungen in den §§ 246 – 248 FamFG sind vorrangig vor den allgemeinen Regelungen in § 49 ff. FamFG, soweit sie besondere Regelungen enthalten; im Übrigen werden sie durch diese ergänzt.
Der Gesetzgeber hatte mit der Neuregelung auch Kostenvorteile im Auge mit der Überlegung, das (vereinfachte und beschleunigte) Anordnungsverfahren sei in vielen Fällen schon für sich allein geeignet, Rechtsfrieden zwischen den Parteien herzustellen.
bb) Kritik
Wenn das Hauptsacheverfahren nach der Intention des Gesetzgebers in vielen Fällen entbehrlich werden soll, wodurch das Anordnungsverfahren im Ergebnis zum "kleinen Unterhaltsprozess" würde, fragt man sich spontan, warum dann gemäß § 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG kein Anwaltszwang vorgesehen ist. Denn wenn schon nach altem Recht – trotz der dortigen inhaltlichen Beschränkungen – die anwaltliche Vertretung geboten war, dann ist erst recht nicht einzusehen, warum sie jetzt angesichts der deutlich erweiterten Möglichkeiten der einstweiligen Anordnung (s. dazu unter Ziff. I. 2a); Ziff. III. 3 a)) nicht erforderlich sein soll. Die Bedenken verstärken sich noch aufgrund des Umstandes, dass im Anordnungsverfahren – als einem summarischen Verfahren mit eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten (s. unter Ziff. II. 5) – auch schwierige Rechtsfragen geprüft werden sollen.
Zum erhöhten Stellenwert des Anordnungsverfahrens passt auch nicht, dass nach h.M. regelmäßig nur der halbe Wert der Hauptsache angesetzt wird.
§ 246 FamFG schließt § 49 FamFG aus (s. unter Ziff. III.). Regelmäßig wird keine vorläufige Regelung beantragt, sondern der Hauptanspruch geltend gemacht, da weder nach Zeit noch Höhe Einschränkungen bestehen (s. unter Ziff. III. 3a)). Daher liegt kein Fall des § 41 S. 2 FamFG vor, so dass eine Anhebung bis zum vollen Wert der Hauptsache vorgenommen werden kann.
c) Wegfall der einstweiligen Verfügung
Schon nach altem Rechtszustand war die (zeitlich und der Höhe nach begrenzte) einstweilige Verfügung auf Unterhalt nachrangig, und zwar sogar dann, wenn eine Unterhaltsklage bzw. ein PKH-Gesuch nur anhängig gemacht werden konnten. Die Subsidiarität der einstweiligen Verfügung gegenüber der einstweiligen Anordnung ergab sich daraus, dass § 644 ZPO auch im Unterhaltsrecht ab Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens oder ab Stellung des PKH-Antrags die Anordnung zuließ.
Aus dem Umstand, dass das FamFG nicht auf die §§ 934 – 944 ZPO verweist, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung im Anwendungsbereich des FamFG ausgeschlossen ist, und zwar auch in Unterhaltssachen.
d) Kein verringerter Rechtsschutz
Aus dem Umstand, dass die einstweilige Anordnung von der Hauptsache unabhängig ist, ergibt sich kein verringerter Rechtsschutz, weil der Betroffene im Antragsverfahren nach § 52 Abs. 2 FamFG beantragen kann, dass dem Antragsteller unter Fristsetzung eine Antragstellung im Hauptsacheverfahren aufgegeben wird mit der Folge, dass er dadurch die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens erreichen kann. (Zu Einzelheiten s. Ziff. III. 8a). In Amtsverfahren hat das Gericht die Pflicht zur Überprüfung, ob die Einleitung eines Hauptverfah...