a) Verhältnis zum Hauptsacheverfahren
Trotz der Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung zu beantragen, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Unterhaltsantrag im ordentlichen Verfahren grundsätzlich zu bejahen; es kann also nicht etwa deshalb verneint werden, weil in Form der einstweiligen Anordnung ein einfacherer und billigerer Weg zur Verfügung stünde. Dies hängt mit den zahlreichen Unterschieden zwischen beiden Verfahren zusammen:
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Die Anordnung soll nur eine vorübergehende Regelung darstellen, aber nicht auf Dauer wirken. |
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Die Anordnung ergeht in einem nur summarischen Verfahren, in dem die Glaubhaftmachung genügt (s.o. unter Ziff. II. 5), sodass wegen beschränkter Sachaufklärung nur eine geringere Gewähr für ein Ergebnis besteht, welches der materiellen Rechtslage voll entspricht. |
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Da die einstweilige Anordnung nicht in materieller Rechtskraft erwächst, kann die Rückzahlung des zuerkannten Unterhalts bei Fehlen eines materiell-rechtlichen Unterhaltsanspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (s. dazu unter V. 3 c) verlangt werden. |
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Die einstweilige Anordnung ist grundsätzlich unanfechtbar (s. unter Ziff. III. 8). |
b) Differenzierung nach Zeitpunkten
aa) Anordnung ist beantragt
Ist ein Antrag gestellt, eine Anordnung aber noch nicht ergangen, dann besteht ein Wahlrecht zwischen dem Anordnungsverfahren und dem ordentlichen Verfahren.
Auch wenn hier unterschiedlich hohe Kosten bestehen, lässt sich im Regelfall keine Mutwilligkeit feststellen; denn ein Anordnungsverfahren zieht häufig ein ordentliches Verfahren nach sich und verursacht dann insgesamt sogar höhere Kosten als ein selbstständiges Verfahren ohne vorausgegangenes Anordnungsverfahren. Ein Aufhebungsantrag (s. dazu unter Ziff. III. 8 b)) ist häufig der einfachere und billigere Weg zur Beseitigung der Anordnung. Dennoch besteht für einen Antrag in der Hauptsache ein Rechtsschutzbedürfnis wegen des Grundgedankens der §§ 936, 926 ZPO, wonach vorläufige Regelungen im ordentlichen Prozess überprüft werden können; dieser Grundgedanke galt bereits nach früherem Recht auch für das Anordnungsverfahren.
Außerdem besteht ein allgemeines Wahlrecht zwischen mehreren gesetzlich vorgesehenen prozessualen Möglichkeiten. Deshalb wird auch nach Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des entsprechenden Hauptsacheverfahrens bejaht.
Umgekehrt ist der Antragsgegner nicht daran gehindert, neben (und gleichzeitig mit) seinem Zurückweisungsantrag im Anordnungsverfahren ein – verfahrensselbstständiges – deckungsgleiches Hauptverfahren zu beantragen.
bb) Anordnung ist ergangen
(1) Hauptsacheantrag
Aufgrund der qualitativ nicht gleichwertigen Verfahrensergebnisse (s.o. unter a.)) ist das Rechtsschutzbedürfnis für einen Hauptsacheantrag auch dann zu bejahen, wenn schon eine einstweilige Anordnung ergangen ist; dies gilt für einen Antrag auf Zahlung von Unterhalt für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung ebenso wie für einen Antrag auf Trennungsunterhalt.
In Bezug auf die Beteiligten ist wie folgt zu unterscheiden:
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Der Berechtigte hat auch bei vorliegender Regelung des Ehegattenunterhalts durch einstweilige Anordnung (oder bei bestehender Möglichkeit dazu) ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag in der Hauptsache, und zwar sowohl in Bezug auf nachehelichen Unterhalt als auch für Trennungsunterhalt. |
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Der Verpflichtete kann bei vorliegender einstweiliger Anordnung auf Unterhalt im Hauptverfahren negativen Feststellungsantrag stellen mit dem Ziel der Feststellung, dass er keinen Unterhalt schuldet. Er muss nicht versuchen, die Aufhebung der Anordnung gemäß § 54 FamFG zu erreichen. In Bezug auf negativen Feststellungsantrag oder Aufhebungsantrag hat er ein Wahlrecht. |
(2) Feststellungsinteresse
Teilweise wird das Feststellungsinteresse verneint unter Hinweis auf die Möglichkeit des Schuldners, den Berechtigten über § 52 Abs. 2 FamFG zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens "zwingen" zu können.
Gegen diese Ansicht und damit für eine Bejahung des Feststellungsinteresses sprechen folgende Gesichtspunkte:
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Als Ausgleich für den Verlust der Akzessorietät zwischen Anordnungs- und Hauptsacheverfahren (s.o. unter I. 2a.)) wollte der Gesetzgeber die Rechte des mit einem "nur" i... |