Nach früherer Rechtslage (s.o. unter I. 1) war die einstweilige Anordnung Teil des Hauptsacheverfahrens, die Zuständigkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung war nicht geregelt mit der Folge, dass das Hauptsachegericht zwangsläufig zuständig war; hauptsache-unabhängige ("isolierte") einstweilige Anordnungen waren gesetzlich nicht vorgesehen. Bei der Neugestaltung des Gesetzes in Form des § 50 FamFG hat sich der Gesetzgeber an den für Arrest und einstweilige Verfügung geltenden Grundsätzen orientiert.
§ 50 Abs. 1 S. 1 FamFG knüpft an die fiktive Hauptsachezuständigkeit an ("zuständig wäre"), Abs. 1 S. 2 an die tatsächliche Hauptsachezuständigkeit ("ist … anhängig"). Hierdurch wird sichergestellt, dass beide Verfahren immer in derselben Instanz anhängig sind.
aa) Isolierte Anordnung
Für die örtliche Zuständigkeit für eine isolierte einstweilige Anordnung gelten die allgemeinen Regeln. In Ehesachen und Familienstreitsachen ist für die Zuständigkeit der Hauptsache nach § 113 Abs. 1 FamFG die Regelung in § 2 FamFG nicht anwendbar, es gelten die § 1 ff. ZPO. Im Falle des Wahlgerichtsstandes, insbesondere in Unterhaltssachen nach § 232 Abs. 3 FamFG, kann der Antragsteller nach § 35 ZPO das zuständige Gericht auswählen.
bb) Anordnung bei Anhängigkeit der Hauptsache
Hier ist nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG grundsätzlich das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Allerdings ist der Gesetzestext ungenau. Nicht ausreichend ist, dass eine Hauptsache überhaupt anhängig ist; vielmehr muss es sich um eine mit dem Anordnungsverfahren deckungsgleiche Hauptsache handeln, und zwar in Bezug auf die Beteiligten und den zugrundeliegenden Sachverhalt. Dagegen ist ein identischer Antrag nicht erforderlich, was sich auch aus der möglicherweise unterschiedlichen Zielsetzung und den eingeschränkten Möglichkeiten der Glaubhaftmachung erklärt.
Auch wenn inzwischen – anders als nach früherem Rechtszustand (§ 621g ZPO a.F., 64 d Abs. 3 FGG) – im Gesetz die Einreichung eines Antrags auf Verfahrenskostenhilfe der Anhängigkeit nicht mehr ausdrücklich gleichgestellt wird, ist andererseits zu berücksichtigen, dass eine Änderung nicht beabsichtigt war. Als Folge ist auch dasjenige Gericht Hauptsachegericht, bei dem ein deckungsgleicher Antrag auf Verfahrenskostenhilfe eingereicht worden ist.
Eine Abgabe an das Gericht der Ehesache ist vorgesehen, wenn eine Ehesache rechtshängig wird; dies gilt auch für das einstweilige Anordnungsverfahren, und zwar unabhängig davon, ob das Hauptsacheverfahren ebenfalls anhängig ist. Eine Ausnahme gilt dann, wenn das Hauptsacheverfahren schon in zweiter Instanz anhängig ist; hier gilt auch für die einstweilige Anordnung, dass zweitinstanzliche Verfahren nicht abgegeben werden.
Ein Auseinanderfallen der Zuständigkeit ist in zwei Fallgruppen denkbar. Sie sind gekennzeichnet dadurch, dass einstweilige Anordnung und Hauptsache zu unterschiedlichen Zeitpunkten anhängig gemacht werden. Zu unterscheiden ist hier wie folgt:
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Ändern sich die zuständigkeitsbegründenden Umstände zwischen dem Anordnungsverfahren und dem erst anschließend betriebenen Hauptsacheverfahren, bleibt diese Änderung ohne Einfluss auf die Zuständigkeit hinsichtlich der einstweiligen Anordnung; mit der Hauptsache ist das nach Veränderung der Umstände zuständige Gericht zu befassen. |
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Wird umgekehrt die einstweilige Anordnung erst nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens beantragt, richtet sich die Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamFG; hier ist das fiktive neue Hauptsachegericht zuständig. |
Die Begründung des Gesetzentwurfs und die Gegenansicht, wonach das Gericht zuständig bleibt, bei dem die Hauptsache anhängig war, stehen nicht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut; denn in § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG ist von "ist" die Rede. Unabhängig hiervon sollte auf die – mit der örtlichen Zuständigkeit im Regelfall verbundene – größere Sachnähe nicht ohne zwingenden Grund verzichtet werden.