aa) Allgemeine Grundsätze
Die Positionen der Beteiligten stehen in einem gewissen Spannungsverhältnis:
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Da eine einstweilige Anordnung nicht in materieller Rechtskraft erwächst, kann der Schuldner dann, wenn materiell-rechtlich kein Unterhaltsanspruch bestanden hat, im Grundsatz überzahlten Unterhalt wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) zurückverlangen. |
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Der – grundsätzlich zum Wertersatz verpflichtete – Gläubiger der einstweiligen Anordnung wird sich aber regelmäßig auf einen Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. |
Nach früherer Rechtslage wurde eine – den Entreicherungseinwand ausschließende – verschärfte Haftung des Gläubigers erst ab Rechtshängigkeit einer Rückforderungsklage angenommen, also nicht schon in dem Verfahren, in dem über Grund und Höhe des Anspruchs gestritten wird. Das lag daran, dass der BGH die Regelung des § 818 Abs. 4 BGB als enge Ausnahme ansah gegenüber dem Grundsatz, dass der Bereicherte auf Ersatz nur bis zur Grenze einer noch vorhandenen Bereicherung hafte und der Schuldner in Gestalt der Vollstreckungsschutzmaßnahmen nicht schutzlos sei.
Inzwischen ist aufgrund der gesetzlichen Neuregelung in Form des § 241 FamFG bereits ein Abänderungsantrag ausreichend, um eine verschärfte Haftung des Gläubigers nach § 818 Abs. 4 BGB herbeizuführen. Die Vorschrift bezweckt eine Verbesserung der Rechtsposition des Unterhaltsschuldners; die verschärfte Haftung wird deutlich ausgeweitet, denn das – früher erforderliche – zweigleisige Verfahren (Abänderungsverfahren nebst Rückforderungsverfahren) ist nicht mehr notwendig, mit der Folge, dass der gesetzgeberische Zweck von Verfahrensvereinfachung und Kostenersparnis damit erreicht wird.
bb) Besonderheiten bei einstweiliger Anordnung
§ 241 FamFG gilt nach seinem Wortlaut nur bei Stellung eines Abänderungsantrags (nach §§ 238, 239, 240), nicht dagegen bei einem Leistungsantrag im Hauptsacheverfahren oder einem negativen Feststellungsantrag nach einstweiliger Anordnung.
Es ist streitig, ob eine analoge Anwendung von § 241 FamFG auf die Abänderung einer einstweiligen Anordnung nach § 54 Abs. 1 FamFG in Betracht kommt.
Bei Ablehnung der analogen Anwendung besteht – wie früher – die Gefahr, dass eine Rückforderung von gezahltem Unterhalt nach einer überhöhten einstweiligen Anordnung am Entreicherungseinwand des Gläubigers scheitert. Dann hilft weiterhin nur, den Antrag nach § 52 Abs. 2 FamFG, gerichtet auf Einleitung des Hauptsacheverfahrens durch den Bedürftigen, mit einem Rückforderungsanspruch zu verbinden. Alternativ kommt ein negativer Feststellungsantrag in Betracht, für den eine entsprechende Anwendung von § 241 FamFG bejaht wird.
Die Bejahung der entsprechenden Anwendung rechtfertigt sich aufgrund folgender Überlegung: § 241 FamFG erfasst die - auf Herabsetzung des titulierten Unterhalts gerichteten – Anträge aus §§ 238 – 240 FamFG, die aber im Anordnungsverfahren nicht anwendbar sind. Der negative Feststellungsantrag richtet sich ebenfalls auf eine Beseitigung des Unterhaltstitels und im Ergebnis auf eine Herabsetzung des titulierten Unterhalts; er zielt regelmäßig darauf ab, schon gezahlte Beträge wieder zurückzubekommen.
Für die Beteiligten hat das folgende Auswirkungen:
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Der Schuldner verfolgt das genannte Ziel mit dem negativen Feststellungsantrag, der durch die Besonderheiten des Anordnungsverfahrens begründet ist. Von daher rechtfertigt sich eine entsprechende Anwendung auf den negativen Feststellungsantrag, mit dem sich der Schuldner gegen eine einstweilige Anordnung wehren kann. |
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Der Gläubiger verdient keinen weiteren Vertrauensschutz, weil für ihn auch angesichts des Feststellungsantrags eindeutig ist, dass der Schuldner gezahlte Beträge zurückverlangen will. |
Für die Richtigkeit dieser Ansicht spricht folgende Kontrollüberlegung: Bei einer Herausnahme des negativen Feststellungsantrags aus dem Anwendungsbereich des § 241 FamFG müsste der Schuldner neben diesem Antrag – wie bisher – gleichzeitig (als Leistungsantrag) auch einen Rückforderungsanspruch stellen. Das Ergebnis wäre eine Fortsetzung des – nach früherem Recht erforderlichen – "zweigleisigen Vorgehens", welches der Gesetzgeber aufgrund der damaligen Nachteile durch die neue Regelung des § 241 FamFG gerade beseitigen wollte.