Wenn das Hauptsacheverfahren nach der Intention des Gesetzgebers in vielen Fällen entbehrlich werden soll, wodurch das Anordnungsverfahren im Ergebnis zum "kleinen Unterhaltsprozess" würde, fragt man sich spontan, warum dann gemäß § 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG kein Anwaltszwang vorgesehen ist.[6] Denn wenn schon nach altem Recht – trotz der dortigen inhaltlichen Beschränkungen – die anwaltliche Vertretung geboten war,[7] dann ist erst recht nicht einzusehen, warum sie jetzt angesichts der deutlich erweiterten Möglichkeiten der einstweiligen Anordnung (s. dazu unter Ziff. I. 2a); Ziff. III. 3 a)) nicht erforderlich sein soll. Die Bedenken verstärken sich noch aufgrund des Umstandes, dass im Anordnungsverfahren – als einem summarischen Verfahren mit eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten (s. unter Ziff. II. 5) – auch schwierige Rechtsfragen geprüft werden sollen.[8]

Zum erhöhten Stellenwert des Anordnungsverfahrens passt auch nicht, dass nach h.M. regelmäßig nur der halbe Wert der Hauptsache angesetzt wird.[9]

§ 246 FamFG schließt § 49 FamFG aus (s. unter Ziff. III.). Regelmäßig wird keine vorläufige Regelung beantragt, sondern der Hauptanspruch geltend gemacht, da weder nach Zeit noch Höhe Einschränkungen bestehen (s. unter Ziff. III. 3a)). Daher liegt kein Fall des § 41 S. 2 FamFG vor, so dass eine Anhebung bis zum vollen Wert der Hauptsache vorgenommen werden kann.[10]

[6] Born, UnterhaltsR-HdB/Born, EL 64, Kap. 25 Rn 7, 44; Roßmann in Kleffmann/Soyka, PraxisHB UnterhaltsR, 5. Aufl., Kap. 11 Rn 370.
[7] Schmitz in Wendl/Dose UnterhaltsR, 10. Aufl., § 10 Rn 414.
[8] Sternal/Giers, FamFG, § 49 Rn 8.
[9] So aber OLG Oldenburg BeckRS 2022, 19295; OLG Hamm NZFam 2021, 794; OLG Schleswig BeckRS 2016, 4495, bespr. von N. Schneider, NZFam 2016, 278; OLG Köln NZFam 2014, 608.
[10] OLG Düsseldorf NJW 2010, 1385; AG Lahnstein BeckRS 2010, 14097; Born, UnterhaltsR-HdB/Born, Kap. 25 Rn 224.

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