BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 13.12.2023 – 1 BvR 1705/23

1. Die fachgerichtliche Auswahl der Person des Vormundes nach vollständiger Entziehung des Sorgerechts und Anordnung von Vormundschaft berührt das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG.

2. Die Bestellung von zur Übernahme der Vormundschaft geeigneten Familienangehörigen stellt regelmäßig einen milderen Eingriff in das Elternrecht der vom Sorgerechtsentzug betroffenen Eltern dar als die Bestellung familienfremder Personen, etwa des Jugendamtes (vgl. BVerfGE 136, 382 <386 f. Rn 16 f.>; BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 8.3.2012 – 1 BvR 206/12, Rn 24 f., jeweils zu § 1779 BGB a.F.).

3. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Fachgericht im Rahmen seiner Erwägungen zu § 1630 Abs. 3 BGB die nicht ausreichende Eignung der Großmutter als (teil)sorgeberechtigte Pflegeperson beziehungsweise Vormund des Kindes mit der fehlenden Einsicht der Großmutter in den erhöhten Betreuungsaufwand des Kindes begründet, der aus erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des Kindes folgt.

(red. LS)

KG, Beschl. v. 1.6.2023 – 17 UF 21/23

1. Zur Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil bei einer umgangsrechtlich – trotz Hochstrittigkeit der Eltern – angeordneten hälftigen Betreuung des Kindes.

2. Ob eine hälftige Betreuung und eine Alleinsorge in sachlichem Widerspruch stehen oder eine solche Regelung geboten ist, stellt sich als eine im jeweiligen Einzelfall zu beantwortende Frage der inhaltlichen Folgerichtigkeit der im jeweiligen Verfahren zu treffenden Entscheidung dar (vgl. BGH FamRZ 2020, 255).

3. Bei einem angeordneten Wechselmodell kann es das Kindeswohl im Einzelfall gebieten, das Aufenthaltsbestimmungsrecht und weitere Sorgebereiche einem Elternteil allein zu übertragen, wenn dieser eher als der andere Elternteil eine zuverlässige Durchführung des Wechselmodells gewährleistet (vgl. BGH, FamRZ 2020, 255) und dadurch das Konfliktpotenzial zwischen den Eltern verringert werden kann.

OLG Hamm, Beschl. v. 6.2.2024 – 4 UF 169/23

1. Kann dem dringenden Handlungsbedarf auch mit dem Feststellen des Ruhens der elterlichen Sorge gem. § 1674 Abs. 1 BGB und der Einrichtung einer Vormundschaft gem. § 1773 Abs. 1 BGB Genüge getan werden, stellt dies im Vergleich zum Entzug der elterlichen Sorge das mildere Mittel dar.

2. Gem. § 1674 Abs. 1 BGB ruht die elterliche Sorge, wenn das Familiengericht feststellt, dass die Eltern auf längere Zeit die elterliche Sorge tatsächlich nicht ausüben können.

AG Mannheim, Beschl. v. 6.3.2024 – 8 F 1366/24

Zur Genehmigung der Einwilligung in einen operativen Eingriff eines noch nicht einjährigen Kindes mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (adrenogenitales Syndrom) nach § 1631e Abs. 2, 3 BGB.

OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 18.1.2024 – 6 UF 224/23

1. Auch in Verfahren betreffend das Umgangsrecht eines sozialen Vaters nach § 1685 Abs. 2 BGB sind das Kind und der rechtliche Vater persönlich anzuhören. Von der Anhörung des Kindes kann auch dann nicht abgesehen werden, wenn der Verfahrensbeistand empfiehlt, im Interesse des Kindes auf diese zu verzichten, um dessen Loyalitätskonflikt nicht noch weiter zu verstärken und den Bindungsabbruch zu verfestigen.

2. Dauer und Frequenz des Umgangs haben sich bei Umgangsrechten nach § 1685 BGB im Regelfall nicht an den zum Elternumgang nach § 1684 BGB entwickelten Grundsätzen zu orientieren.

3. Eine Umgangspflegschaft kann beim Umgangsrecht nach § 1685 BGB nur bei Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung angeordnet werden.

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