Vergleicht man die Fassungen der jeweiligen Betreuungsunterhaltsansprüche, so scheinen die Regelungen auf den ersten Blick inhaltsgleich. Doch bei genauerem Hinsehen fallen zwei Unterschiede auf: § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB, nach dem Unterhalt nur geschuldet ist, soweit von der Mutter wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann (sog. Erwartungsklausel), ist geblieben; § 1570 Abs. 1 BGB n.F. enthält demgegenüber keine Erwartungsklausel mehr. Gleichwohl wollte der Gesetzgeber mit den unterschiedlichen Formulierungen keine Differenzierungen ermöglichen. Vieles spricht daher für ein redaktionelles Versehen, dem unschwer mit einer korrigierenden (ggf. auch verfassungskonformen) Auslegung begegnet werden kann. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB anders als § 1570 Abs. 1 S. 3 BGB das Wort "insbesondere" enthält und damit auch elternbezogene Belange erfasst, denen § 1570 BGB mit seinem Absatz 2 eine gesonderte Vorschrift widmet (näher dazu unten II.2.).
a) Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre
Der Anspruch besteht mindestens für drei Jahre nach der Geburt des Kindes. In seiner hierzu ergangenen Begründung stellt der Gesetzgeber klar, dass der geschiedene Elternteil ebenso wie der nicht verheiratete für die ersten drei Lebensjahre des Kindes im Falle der Bedürftigkeit stets einen Unterhaltsanspruch hat.
b) Betreuungsunterhaltsanspruch über das dritte Lebensjahr hinaus
Neu für den Anspruch aus § 1570 BGB ist, dass der Gesetzgeber erstmals eine Frist nennt, wenn auch als Mindestdauer. Bisher hatte der Ehegatte Unterhalt geschuldet, solange und soweit von dem betreuenden Elternteil wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden konnte. Nach dem von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Altersphasenmodell brauchte die Mutter frühestens ab dem achten bzw. neunten Lebensjahr des Kindes eine Teilzeiterwerbstätigkeit aufzunehmen. Umgekehrt bringt der nunmehr genannte Mindestzeitraum für den Anspruch aus § 1615l BGB Vorteile. Denn bislang war er grundsätzlich auf drei Jahre befristet. Zwar ist der Gesetzgeber mit der neuen, für beide Betreuungsunterhaltsansprüche gewählten Formulierung, wonach die Unterhaltspflicht für mindestens drei Jahre besteht, nicht von dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB a.F. abgerückt. Denn die Verlängerung der Unterhaltspflicht über die drei Jahre hinaus setzt (nach wie vor) eine Billigkeitsprüfung voraus; die Mutter trägt also auch künftig die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Umstände, die eine Verlängerung des Anspruchs über drei Jahre hinaus rechtfertigen. Jedoch hat das UÄG mit der Neuregelung eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs aus § 1615l BGB gegenüber dem alten Rechtszustand deutlich erleichtert.
aa) Kindbezogene Gründe
Diese Umschreibung für eine Betreuungsbedürftigkeit des Kindes war bislang für den Anspruch aus § 1570 BGB a.F. wegen der Heranziehung des Altersphasenmodells regelmäßig ohne Relevanz. Da künftig jedoch eine Einzelfallprüfung stattzufinden hat (näher dazu unten cc), müssen nunmehr entsprechende Kriterien gebildet werden. Für § 1615l BGB war dies schon nach altem Recht erforderlich; nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers soll eine Orientierung an der bisherigen Rechtsprechung zu den "kindbezogenen Belangen" bei § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB möglich sein. Es empfiehlt sich daher, an die bereits in Rechtsprechung und Literatur für eine Verlängerung des Anspruchs gebildete Kategorie der kindbezogenen Gründe anzuknüpfen. Danach sind Belange des Kindes, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs führen können, in erster Linie Umstände, die eine besondere Betreuungsintensität zur Folge haben. Das Kind ist behindert, dauerhaft krank oder schwer in seiner Entwicklung gestört und deshalb auf weitere Betreuung durch die Mutter angewiesen. Es kann für eine Verlängerung aber auch genügen, dass da...