a) Unterschiedliche Struktur der Betreuungsunterhaltsansprüche
Die neuere Rechtsprechung des BGH, wonach es sich auch auf den Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten auswirken muss, wenn (vorrangige oder) gleichrangige weitere Unterhaltsberechtigte hinzutreten, stößt spätestens da an ihre Grenzen, wo ein ehelicher Betreuungsunterhaltsanspruch, namentlich aus § 1570 BGB, und ein Betreuungsunterhaltsanspruch aus § 1615l BGB miteinander konkurrieren. Es entstehen wegen der unterschiedlichen Bedarfsbestimmung unweigerlich Wertungswidersprüche. Nach § 1615l Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 1610 BGB bleibt der zu ermittelnde Bedarf – anders als der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1578 BGB – von einer weiteren Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich unberührt. Das heißt, während der Anspruch aus § 1615l BGB den Bedarf des Ehegatten (dem Ansatz des BGH zufolge) sogar dann mindert, wenn er erst nach Rechtskraft der Scheidung entstanden ist, bleibt der Bedarf der nicht verheirateten Mutter von jeglichen ehelichen Unterhaltsansprüchen grundsätzlich verschont. Dieser Umstand könnte durchaus den in Art. 6 Abs. 1 GG verbrieften Schutz der Ehe tangieren. Um Verwerfungen zu vermeiden, müsste auch der Anspruch aus § 1615 BGB in die Dreiteilung einbezogen werden. Dogmatisch ließe sich das aber nur begründen, wenn man die Rechtsprechung des BGH zur Begrenzung des Bedarfs nach §§ 1615l, 1610 BGB durch die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes auf das Gesamtunterhaltsrechtsverhältnis anwendete. Da die Drittelmethode nur funktionieren kann, wenn man die jeweiligen Unterhaltsrechtsverhältnisse nicht getrennt, sondern in ihrer Gesamtheit betrachtet, wäre die logische Konsequenz daraus, den Bedarf gem. §§ 1615l, 1610 BGB nach einem Dreiteilungsgrundsatz zu begrenzen. Das funktioniert in denjenigen Fällen, in denen der Bedarf nach §§ 1615l, 1610 BGB mindestens einem Drittel der jeweils um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigenden Einkommen der Beteiligten entspricht. Liegt er darunter, bedarf es keiner Begrenzung des Bedarfs der nicht verheirateten Mutter. Allerdings kann ihr Bedarf durch die Drittelmethode auch nicht erhöht werden.
Fall 5: V verfügt über ein Einkommen von 4.000 EUR. Die nicht mit V verheiratete M1, die das gemeinsame dreijährige Kind K1 betreut, hatte bis zur Geburt ein Nettoeinkommen von 1.500 EUR. Die später hinzugekommene Ehefrau von V, M2, die das gemeinsame einjährige eheliche Kind K2 betreut, lebt von ihm getrennt. Beide Mütter sind einkommenslos.
Abwandlung: M1 verfügte bis zur Geburt von K1 lediglich über ein Einkommen von 1.000 EUR.
Lösungsvorschlag nach der Drittelmethode
Einkommen V |
4.000 EUR |
Unterhaltsbedarf M1 an sich |
1.500 EUR |
- keine Begrenzung durch den Halbteilungsgrundsatz, da V im Innenverhältnis mehr als M1 verbleibt
- Anwendung des Dreiteilungsgrundsatzes
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Einkommen V = 9/10 |
3.600 EUR |
Bedarf M1 1/3 (9/10 V) |
1.200 EUR |
Bedarf M2 |
1.200 EUR |
V verbleibt |
1.600 EUR |
Abwandlung:
Einkommen V |
4.000 EUR |
Unterhaltsbedarf M1 an sich |
1.000 EUR |
keine Begrenzung durch Halbteilungsgrundsatz |
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Anwendung des Dreiteilungsgrundsatzes |
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Einkommen V = 9/10 |
3.600 EUR |
Bedarf M1 1/3 (9/10 V), aber: Bedarf wäre erhöht |
1.200 EUR |
Bedarf M2 |
1.200 EUR |
Für die Abwandlung kann die Drittelmethode keine taugliche Lösung bieten.
Denn durch sie würde der Bedarf von M1 von 1.000 EUR auf 1.200 EUR erhöht werden. Für eine solche Erhöhung fehlt indes die Rechtsgrundlage.
Von daher bliebe für die Berechnung der Abwandlung wohl nur die Möglichkeit, nach der klassischen Methode zu rechnen, und zwar wie folgt:
Einkommen V |
4.000 EUR |
Unterhaltsbedarf M1 |
1.000 EUR |
V verbleibt |
3.000 EUR |
Bedarf M2 3/7 |
1.286 EUR |
Die Anwendung der Drittelmethode wirft bei der Beteiligung eines Anspruches aus § 1615l BGB auch dann Probleme auf, wenn Eigeneinkommen der Unterhaltsberechtigten vorhanden ist bzw. sind. Verfügt nur die Ehefrau über ein solches, kann dadurch der Bedarf der nach § 1615l BGB berechtigten Mutter nicht erhöht werden. Bezieht ausschließlich die nach § 1615l BGB Berechtigte ein solches, darf das allerdings ebenso wenig zur Erhöhung des Bedarfs der Ehefrau führen; denn die Bedarfsbemessung nach §§ 1615l, 1610 BGB ist so strukturiert, dass ein Eigeneinkommen auf den Bedarf angerechnet wird, diesen also nicht erhöhen kann.
b) Unterhaltsberechnung im Mangelfall
Beanspruchen sowohl die ein eheliches als auch die ein nichteheliches Kind betreuenden Mütter von dem Vater Betreuungsunterhalt, können bei einer Berechnung nach der klassischen Methode unterschiedlich hohe Einsatzbeträge auf Seiten der jeweils betreuenden Elternteile dazu führen, dass einem Elternteil aus der Verteilungsmasse nur ein unterhalb des not...