Verfügt der Unterhaltsverpflichtete nicht über genügend Einkommen, um unter Beachtung seines ihm zu belassenden Selbstbehalts allen Berechtigten den ihrem Bedarf entsprechenden Unterhalt zu gewähren, entscheidet die in § 1609 BGB geregelte Rangfolge, wer wie viel von der Verteilungsmasse bekommt. Für die folgende Darstellung soll der relative Mangelfall bezogen auf konkurrierende Betreuungsunterhaltsansprüche (auf der 2. Rangstufe) näher betrachtet werden. Um die jeweiligen Einsatzbeträge bestimmen zu können, die wiederum besagen, wie viel die jeweils unterhaltsberechtigte Mutter von der Verteilungsmasse erhält, muss der Bedarf ermittelt werden. Bestimmt man den Bedarf nach der klassischen Methode, können unterschiedlich hohe Einsatzbeträge auf Seiten der jeweils betreuenden Elternteile dazu führen, dass einem Elternteil aus der Verteilungsmasse nur ein unterhalb des notwendigen Selbstbehalts liegender Betrag verbleibt, während der andere einen darüber liegenden Betrag beanspruchen kann. Fragwürdig ist, ob sich ein solches Ergebnis mit der Intention des Gesetzgebers vereinbaren ließe, wonach die Gleichrangigkeit die persönliche Betreuung des Kindes sichern soll. Zudem könnte eines der betroffenen Kinder in seinen Gleichheitsrechten verletzt sein, wenn deshalb seine persönliche Betreuung nicht mehr zu bewerkstelligen wäre. Hier ist im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung folgende Korrektur vorstellbar, wenn nicht sogar verfassungsrechtlich geboten: Solange der Unterhaltsverpflichtete nach Durchführung der Mangelfallberechnung nicht in der Lage ist, beiden Unterhaltsberechtigten zumindest den notwendigen Selbstbehalt zu zahlen, sollte der Mangel auf diese zu gleichen Teilen verteilt, also identische Unterhaltsbeträge festgelegt werden. Bestimmt man den Bedarf indes nach der Drittelmethode, ist eine solche Korrektur grundsätzlich nicht erforderlich.
Fall 4: V hat ein Einkommen von 2.200 EUR. Sowohl seine geschiedene Frau M1 als auch M2, von der er getrennt lebt, betreuen jeweils eheliche Kinder im Alter von drei Jahren bzw. einem Jahr. Beide Mütter sind einkommenslos.
Lösungsvorschlag nach der klassischen Methode
Einkommen des V |
2.200 EUR |
Bedarf M1 (3/7) |
943 EUR |
V verbleibt |
1.257 EUR |
Bedarf M2 (3/7) |
539 EUR |
V verbleibt |
718 EUR |
Mangelfall |
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Korrekturberechnung |
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Da die Verteilungsmasse in Höhe von 1.200 EUR nicht ausreicht, beiden Unterhaltsberechtigten den notwendigen Selbstbehalt von jeweils 770 EUR zu zahlen, ist die Verteilungsmasse auf M1 und M2 gleichmäßig zu verteilen. |
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Unterhaltsanspruch M1 und M2 jeweils |
600 EUR |
Lösungsvorschlag nach der Drittelmethode
Einkommen des V |
2.200 EUR |
Bedarf M1 und M2 jeweils 1/3 (9/10 von 2.200) |
660 EUR |
V verbleibt |
880 EUR |
Mangelfall |
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Korrekturberechnung da SB nicht gewahrt |
-120 EUR |
Unterhaltsanspruch M1 und M2 jeweils |
600 EUR |
V verbleibt |
1.000 EUR |
Die vorstehende alternative Berechnung zeigt, dass die unterschiedlichen Methoden im Mangelfall zu denselben Ergebnissen führen können. Anders läge der Fall indes, wenn die Verteilungsmasse ausreichen würde, der einen Ehefrau den Mindestbedarf zu zahlen und der anderen sogar noch einen darüber hinausgehenden Betrag. Dann führen die verschiedenen Berechnungsmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen.