1. Darlegungs- und Beweislast
Klagt eine der gleichrangig unterhaltsberechtigten Mütter ihren Betreuungsunterhaltsanspruch ein, stellt sich die Frage, wer die Unterhaltslast der anderen unterhaltsberechtigten Mutter darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat. Grundsätzlich hat der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf darzulegen und zu beweisen. Handelt es sich um ein zweiseitiges Unterhaltsverhältnis, genügt es, wenn die Mutter neben der Betreuungssituation ihre und die Einkommenssituation des unterhaltsverpflichteten Vaters darlegt. Da durch den Hinzutritt eines weiteren Unterhaltsberechtigten der Bedarf gemindert wird, also ein für den Unterhaltsschuldner günstiger Umstand behauptet wird, muss dieser die Existenz eines weiteren gleichrangigen Unterhaltsgläubigers darlegen und gegebenenfalls beweisen.
2. Befristung im Tenor
Streitig ist, ob der Betreuungsunterhaltsanspruch grundsätzlich im Tenor zu befristen ist. Gelingt es dem Unterhaltsberechtigten, der die Voraussetzungen des – über den Basisunterhalt für die ersten drei Lebensjahre des Kindes hinausgehenden – Billigkeitsanspruchs darzulegen und zu beweisen hat, nicht, dies bereits im Erstprozess zu tun, muss er sich auf ein neues Verfahren verweisen lassen. Deshalb ist der Auffassung zu folgen, die eine Befristung des Anspruchs im Tenor grundsätzlich befürwortet. Denn es ist nicht ersichtlich, den hierfür nicht darlegungs- und beweisbelasteten Unterhaltspflichtigen über eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO in die Pflicht zu nehmen.
3. Anwendung des neuen Unterhaltsrechts/Übergangsvorschriften
a) Anhängige Verfahren
War das Unterhaltsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des UÄG noch anhängig, ist das Unterhaltsrechtsverhältnis für die Zukunft nach neuem Recht zu beurteilen, also insbesondere hinsichtlich der Dauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs und der Rangfolge. Zwar ist für diese Fallkonstellation die Übergangsregelung des § 36 EGZPO nicht anzuwenden, weil es insoweit an einer rechtskräftigen Entscheidung, die es abzuändern gilt, fehlt. Gleichwohl darf der Unterhaltsberechtigte, der seine Lebenssituation möglicherweise auf Grund des alten Rechts, namentlich im Lichte des Altersphasenmodells eingerichtet hat, nicht ohne jeden Vertrauensschutz bleiben. Von daher empfiehlt sich gegebenenfalls auch im anhängigen Verfahren eine zeitlich moderate Umsetzung des neuen Rechts. Der bis Ende 2007 laufende Unterhaltszeitraum ist freilich nach altem Recht zu beurteilen (§ 36 Nr. 7 EGZPO).
b) Abgeschlossene Verfahren
Soll ein bereits abgeschlossenes Verfahren im Hinblick auf die Unterhaltsrechtsreform wieder aufgegriffen werden, ist zunächst danach zu differenzieren, ob der nach altem Recht ergangene Titel befristet war oder nicht.
- Im ersten Fall, wenn etwa der Betreuungsunterhaltsanspruch der Mutter nach § 1615l BGB auf drei Jahre befristet war, kann die Mutter – vorausgesetzt nach neuem Recht hätte sie einen über drei Jahre hinausgehenden Betreuungsunterhaltsanspruch – für die Zeit nach Fristablauf auf weitergehenden Unterhalt klagen. Dabei handelt es sich dann um eine "Erstklage" und nicht um eine Abänderungsklage.
- In den anderen Fällen ist § 36 Nr. 1 EGZPO zu beachten. Danach gilt Folgendes: Ist über den Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden, sind Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.
Beispiel: V ist im Dezember 2007 rechtskräftig verurteilt worden, seiner geschiedenen, nicht erwerbstätigen Ehefrau M für die Betreuung des siebenjährigen Sohnes laufend Unterhalt zu leisten. Dabei war das Gericht entsprechend des Altersphasenmodells davon ausgegangen, die M sei zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht verpflichtet.
Im April 2008 erhebt V Abänderungsklage. Er beruft sich auf das neue Unterhaltsrecht und darauf, dass es in Anbetracht der bestehenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten der M ohne weiteres möglich sei, Teilzeit zu arbeiten. Die Berücksichtigung eines entsprechenden Einkommens würde seine Unterhaltslast um mehr als 10 % mindern.
Die Voraussetzungen für eine Abänderung wären nach dem Vortrag des V gem. § 36 Nr. 1 EGZPO gegeben:
Die Möglichkeit für M, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, hat bereits 2007 bestanden. Unterhaltsrechtlich wurde dieser Umstand aber erst durch § 1570 BGB n.F. erheblich. Die Einbezieh...