Einführung
Der vorliegende Beitrag widmet sich dem Betreuungsunterhalt, wie er sich nach der zum 1.1.2008 umgesetzten Unterhaltsrechtsreform darstellt. Es werden Gemeinsamkeiten wie – noch verbliebene – Unterschiede der Ansprüche aus § 1570 und § 1615l BGB gleichermaßen beleuchtet. Dabei beschäftigt sich der Aufsatz vor allem mit der zeitlichen Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts sowie mit der Unterhaltsberechnung bei konkurrierenden Betreuungsunterhaltsansprüchen. Zudem werden Fragen zum Prozessrecht und zu den entsprechenden Übergangsvorschriften angesprochen.
I. Einleitung
Nachdem das BVerfG mit Beschl. v. 28.2.2007 entschieden hatte, dass die unterschiedliche zeitliche Ausgestaltung der jeweiligen Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher (§ 1570 BGB) und nichtehelicher Kinder (§ 1615l BGB) verfassungswidrig sei, hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl. I 3189, im Folgenden: UÄG) die jeweiligen Betreuungsunterhaltsansprüche hinsichtlich ihrer Dauer sowie ihrer Rangstellung aneinander angepasst. Die Meinungen, ob der neue Betreuungsunterhalt eher dem alten § 1570 BGB ähnelt und damit weiterhin ein – wenn auch "abgespecktes" – Altersphasenmodell erlaubt, oder eher dem alten § 1615l BGB mit einer grundsätzlichen Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ab Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, gehen erheblich auseinander. Fraglich ist auch, wie sich die jeweiligen Betreuungsunterhaltsansprüche zukünftig hinsichtlich einer allein im Elterninteresse liegenden Betreuung unterscheiden. Von erheblichem Gewicht ist schließlich die Frage, wie künftig der Unterhalt zu berechnen ist, wenn sich zwei Kinder betreuende Elternteile im 2. Rang begegnen. Hier ist vor allem zu klären, wie der jeweilige Bedarf des Unterhaltsberechtigten, also in der Regel der Mutter, zu bemessen ist und wie bei nicht ausreichender Leitungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners der Mangel zu verteilen ist.
II. Dauer der jeweiligen Betreuungsunterhaltsansprüche aus §§ 1570 und 1615l BGB
Der Betreuungsunterhalt aus §§ 1570 Abs. 1 und 1615l Abs. 2 S. 2 BGB ist dem Interesse des Kindes an einer persönlichen Betreuung durch einen seiner Elternteile geschuldet. Daneben können gem. §§ 1570 Abs. 2 und 1615l Abs. 2 S. 5 BGB auch elternbezogene Gründe zum Tragen kommen, nämlich dann, wenn es um die Verlängerung des Anspruchs über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus geht. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Maßstäbe des § 1570 BGB auch auf den Trennungsunterhaltsanspruch nach § 1361 BGB jedenfalls dann anzuwenden sind, wenn das Trennungsjahr abgelaufen und die Scheidung gewiss ist.
1. Anspruch im Interesse des Kindes, §§ 1570 Abs. 1, 1615l Abs. 2 S. 2 BGB
Vergleicht man die Fassungen der jeweiligen Betreuungsunterhaltsansprüche, so scheinen die Regelungen auf den ersten Blick inhaltsgleich. Doch bei genauerem Hinsehen fallen zwei Unterschiede auf: § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB, nach dem Unterhalt nur geschuldet ist, soweit von der Mutter wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann (sog. Erwartungsklausel), ist geblieben; § 1570 Abs. 1 BGB n.F. enthält demgegenüber keine Erwartungsklausel mehr. Gleichwohl wollte der Gesetzgeber mit den unterschiedlichen Formulierungen keine Differenzierungen ermöglichen. Vieles spricht daher für ein redaktionelles Versehen, dem unschwer mit einer korrigierenden (ggf. auch verfassungskonformen) Auslegung begegnet werden kann. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB anders als § 1570 Abs. 1 S. 3 BGB das Wort "insbesondere" enthält und damit auch elternbezogene Belange erfasst, denen § 1570 BGB mit seinem Absatz 2 eine gesonderte Vorschrift widmet (näher dazu unten II.2.).
a) Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre
Der Anspruch besteht mindestens für drei Jahre nach der Geburt des Kindes. In seiner hierzu ergangenen Begründung stellt der Gesetzgeber klar, dass der geschiedene Elternteil ebenso wie der nicht verheiratete für die ersten drei Lebensjahre des Kindes im Falle der Bedürftigkeit stets einen Unterhaltsanspruch hat.