BGB a.F. § 1570, BGB n.F. §1573 Abs. 2
Leitsatz
1. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Karrieresprung zu bejahen ist, ist der Zeitpunkt der Trennung der Parteien. Ein Karrieresprung ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Ehegatte eine neue berufliche Position erlangt hat, und die hieraus erzielten Einkommenssteigerungen wesentlich über dem statistischen Mittelwert liegen bzw. die berufliche Tätigkeit mit der früheren Aufgabe nicht mehr in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.
2. Der Unterhaltsbedarf der nach neuem Recht gleichrangigen berufstätigen Ehegatten aus der ersten und der zweiten Ehe ist rechnerisch so zu ermitteln, dass die Erwerbseinkünfte aller Unterhaltsberechtigten nach Bereinigung um das Anreizsiebtel addiert und sodann durch die Anzahl der Unterhaltsberechtigten geteilt werden. Der sich danach im Rahmen der Additionsmethode ergebende Bedarf bildet die Grundlage der Unterhaltsberechnung.
3. Bei Anwendung der Additionsmethode kann die Entscheidung des BVerfG vom 7.10.2003, wonach bei einer erneuten Heirat des Pflichtigen der durch die gemeinsame Veranlagung entstehende Steuervorteil der neuen Ehe zu verbleiben hat (BVerfG FamRZ 2003, 1821), nicht mehr uneingeschränkt gelten. Infolge des nunmehrigen Gleichrangs der Ehegatten würde sich der zweite Ehegatte deutlich besser stehen, wenn ihm neben dem Gleichrang mit dem geschiedenen Ehegatten auch noch der Steuervorteil der neuen Ehe zugute käme. Vielmehr ist das reale Einkommen auf Grund der gewählten Steuerklasse einschließlich des Familienzuschlags zugrunde zu legen.
4. Im Rahmen einer Kontrollberechnung, bei der das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten nach der Steuerklasse 1 unter Berücksichtigung des lediglich hälftigen Familienzuschlages anzusetzen ist, ist allerdings sicherzustellen, dass dem ersten Ehegatten kein höherer Unterhaltsanspruch zugebilligt wird, als er ihn ohne die erneute Eheschließung des Unterhaltsverpflichteten hätte.
(Leitsätze der Redaktion)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.5.2008 – II-2 UF 135/06 (AG Düsseldorf)
Aus den Gründen
Aus den Gründen: I. Die Parteien sind seit Februar 1997 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe der Parteien sind drei Kinder hervorgegangen, K, geb. am 26.8.1985, P, geb. am 14.3.1988, und A-L, geb. am 6.7.1995. Der Beklagte hat erneut geheiratet. Aus seiner zweiten Ehe stammen die Kinder J, geb. am 9.3.1999, und N, geb. am 28.8.2001.
Durch einen vor dem AG Münster am 15.7.1999 geschlossenen Vergleich hat sich der Beklagte zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an die Klägerin in Höhe von 647 DM = 330,81 EUR monatlich verpflichtet. Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens ist das Begehren der Klägerin auf höheren Ehegattenunterhalt. Insoweit hat sich der Beklagte während des Verfahrens erster Instanz durch eine einseitige notarielle Urkunde vom 22.8.2005 verpflichtet, an die Klägerin ab September 2005 einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 439 EUR zu zahlen.
Wegen des Parteivorbringens erster Instanz sowie des Inhalts der Entscheidungsgründe im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des AG Düsseldorf.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag insoweit weiter verfolgt, als über das einseitige notarielle Schuldanerkenntnis von 439 EUR monatlich ab September 2005 hinaus nachehelicher Unterhalt ausgeurteilt wurde.
Mit der Abänderungswiderklage begehrt er die Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts.
Der Beklagte meint, der Klägerin seien spätestens ab August 2005 fiktiv eigene Einkünfte im Rahmen eines 400-Euro-Jobs anzurechnen, so dass ihr Bedarf unter Berücksichtigung des von ihm anerkannten Unterhalts von 439 EUR gedeckt sei. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem AG erstmals behauptet habe, A-L leide an Neurodermitis, bestreitet er eine solche Erkrankung mit Nichtwissen und verweist darauf, dass eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes von der Klägerin nicht dargelegt sei. Ferner bestreitet er die Tilgung von Kreditverpflichtungen durch die Klägerin. Schließlich meint er, das AG habe zu Unrecht auf seiner Seite einen Karrieresprung verneint. Ohnehin sei es Aufgabe des Unterhaltsberechtigten, bei Einkommenssteigerungen des Unterhaltsverpflichteten darzulegen und zu beweisen, dass diese auch eheprägend seien. Abgesehen davon habe er trotz seiner 50 %-igen Schwerbehinderung wegen Tinnitus, Morbus Meuniere und Rückenschäden überobligatorische Anstrengungen unternommen, um die in Rede stehende Einkommenssteigerung von A 9 auf A 10 zu erreichen. Erst nach der Scheidung sei er von M nach D verzogen und habe dann erstmals mit seiner anspruchsvollen Lehrtätigkeit für Kollegen begonnen. Bereits die Höhergruppierung belege einen Karrieresprung, da es eine Regelbeförderung bei Polizeibeamten nicht gebe, die Beförderungsstellen vielmehr begrenzt seien. Nur sein Umzug nach D habe die Beförderung möglich gemacht, wobei bestimmend für den Umzug die Tatsache gew...