Für den Unterhaltspflichtigen ist ebenfalls die Abänderungsklage und nicht die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO gegeben. Auch im Rahmen der Abänderungsklage des Elternteils gegen das Kind trägt das Kind die Darlegungs- und Beweislast im oben geschilderten Umfang.
a) Taktische Überlegungen des Unterhaltspflichtigen
Wird das Kind volljährig, so erhöht sich der nach der Düsseldorfer Tabelle ihm zustehende Betrag. Insgesamt kann also der Unterhaltsberechtigte voraussichtlich einen höheren Unterhalt beanspruchen. Daher hat der Unterhaltspflichtige – auf den ersten Blick – gar kein Interesse, einen bestehenden Titel abzuändern.
Es lohnt sich aber eine genauere Betrachtung. Denn in der Praxis bedeutet der Eintritt der Volljährigkeit nicht zwingend, dass der Unterhaltsberechtigte vom bislang allein unterhaltspflichtigen Elternteil tatsächlich mehr verlangen kann. Denn die anteilige Mithaftung des anderen Elternteils kann zu Verringerung der eigenen Haftung führen, und zwar auf jeden Fall in Abhängigkeit vom tatsächlichen Einkommen des anderen Elternteils, möglicherweise aber auch abhängig von dessen hypothetischen Einkünften. Diese anteilige Haftung besteht auch beim privilegierten volljährigen Kind. Die Darlegungs- und Beweislast des Kindes bezieht sich auch auf die Haftungsquote des bis zur Volljährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtigen Elternteils.
Auch ist zu berücksichtigen, dass das (nicht privilegierte) volljährige Kind im Rang hinter dem minderjährigen Kind und dem Ehegatten steht (§ 1609 Nr. 4 BGB).
Nach bisheriger Rechtslage erfolgte beim volljährigen Kind auch die Anrechnung des Kindergeldes anders als beim minderjährigen Kind. Während das Kindergeld beim volljährigen Kind voll auf den Bedarf des Kindes angerechnet wurde, war dies beim minderjährigen Kind anders. Das neue Unterhaltsrecht überträgt diese Anrechnungsmodalität in § 1612b Abs. 1 BGB auch auf den Minderjährigenunterhalt.
Mittelbar kann die Änderung des zu zahlenden Kindesunterhaltes auch Auswirkungen auf die Höhe eines noch geschuldeten Ehegattenunterhalts haben.
Daher müssen bei der anwaltlichen Beratung in derartigen Fällen immer genau die individuelle Situation überprüft und auch die mittelbaren Auswirkungen bedacht werden. Erst nach einer sorgfältigen Analyse mit genauer Berechnung aller Ansprüche kann entschieden werden, ob ein Herabsetzungsverlangen Aussicht auf Erfolg hat oder ob damit nicht eher "schlafende Hunde" geweckt werden.
b) Berechnungsbeispiel 1: nicht privilegiertes volljähriges Kind
bereinigtes Einkommen des Vaters |
2.200,00 EUR |
bereinigtes Einkommen der Mutter |
1.600,00 EUR |
Gesamteinkommen: |
3.800,00 EUR |
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Bisheriger Unterhalt für minderjähriges Kind (Altersgruppe 3) (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) |
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Bemessung nach dem Einkommen des Vaters |
2.200,00 EUR |
Tabellenbetrag |
402,00 EUR |
abzgl. anteiliges Kindergeld |
-77,00 EUR |
Zahlbetrag |
325.00 EUR |
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Unterhalt für volljähriges (nicht privilegiertes) Kind (Altersgruppe 4) |
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Bemessungsgrundlage |
3.800,00 EUR |
Tabellenbetrag |
555,00 EUR |
abzgl. volles Kindergeld |
-154,00 EUR |
Restbedarf des Kindes |
401,00 EUR |
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Aufteilung zwischen den Eltern |
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Einkommen Vater |
2.200,00 EUR |
abzgl. angemessener Selbstbehalt |
- 1.100,00 EUR |
Restbetrag Vater |
1.100,00 EUR |
Einkommen Mutter |
1.600,00 EUR |
abzgl. angemessener Selbstbehalt |
- 1.100,00 EUR |
Restbetrag Mutter |
500,00 EUR |
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prozentualer Anteil Vater |
68,75 % |
prozentualer Anteil Mutter |
31,25 % |
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zu zahlen vom Vater |
275,69 EUR |
zu zahlen von der Mutter |
125,31 EUR |
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Ersparnis für den Vater gegenüber Minderjährigenunterhalt |
49,31 EUR |
In der Literatur ist umstritten, ob auch noch weiterhin eine Kontrollrechnung dergestalt vorgenommen werden muss, durch die sichergestel...