a) Taktische Überlegung: Sollte der Berechtigte auf Änderung drängen?
Auch der Unterhaltsberechtigte sollte bei Eintritt der Volljährigkeit nicht unüberlegt auf eine Änderung eines bestehenden Unterhaltstitels drängen. Denn der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes wird – wie bereits ausgeführt worden ist – durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst. Trotz des höheren Tabellenbetrages kann die tatsächlich eintretende Änderung recht gering ausfallen (und damit unter der Wesentlichkeitsgrenze des § 323 ZPO liegen) oder es kann sogar im Ergebnis eine Verringerung der Zahlungspflicht eintreten.
Risiko:
Ein unüberlegtes Abänderungsverlangen kann daher sehr schnell zu einem ärgerlichen "Eigentor" werden.
Insbesondere auf Grund der anteiligen Mithaftung des anderen Elternteils kann es unter dem Strich sogar zu einem geringeren Zahlungsanspruch gegen den bislang allein zahlenden Elternteil kommen.
b) Darlegungs- und Beweislast zur Haftung des anderen Elternteils
Gegen einen vorhandenen Titel kann der Berechtigte mittels Abänderungsklage vorgehen. Das Kind trägt die Darlegungs- und Beweislast im oben geschilderten Umfang.
Dabei hat auch die anteilige Haftung des anderen Elternteils entscheidende Bedeutung. Bei anteiliger Barunterhaltspflicht beider Eltern haften diese als gleichnahe Verwandte gleichrangig, jedoch nicht als Gesamtschuldner. Vielmehr sind sie Teilschuldner und haften nur für den auf sie entfallenden Teil des Unterhalts.
Das volljährige Kind hat daher im Unterhaltsprozess gegen einen Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf und die Haftungsanteile der Eltern und damit die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse beider Eltern. Dies umfasst also auch die Leistungsunfähigkeit des am Prozess nicht beteiligten Elternteils. Das Kind muss also auch zu einem möglichen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil vortragen und ggf. nachweisen, dass der andere Elternteil nicht in Anspruch genommen werden kann. Dies gilt auch bei einer Abänderungsklage.
Werden daher die Einkommensverhältnisse des anderen Elternteils nicht dargelegt, fehlt es an einer schlüssigen Darlegung der Höhe des Unterhaltsbedarfs. Darzulegen sind ggf. auch die Einkommensverhältnisse des jetzigen Ehegatten des Elternteils, damit ermittelt werden kann, ob und inwieweit der andere Elternteil selbst leistungsfähig ist oder zumindest dessen Selbstbehalt durch den Unterhaltsanspruch gegen den neuen Ehegatten abgedeckt ist.
Dabei sind die Anforderungen an die Darlegungslast des Kindes nicht zu überspannen, es genügt seiner Darlegungslast, wenn es das ihm Zumutbare getan hat, um den Haftungsanteil des anderen Elternteils zu ermitteln.
Diese Grundsätze gelten auch bei auf öffentliche Träger übergeleiteten Ansprüchen.
c) Zeitsperre des § 323 Abs. 3 Satz 1 ZPO
Für ein Erhöhungsverlangen des Unterhaltsberechtigten ist die Vorschrift des § 1613 Abs. 1 BGB von Bedeutung. § 323 Abs. 3 Satz 2 ZPO erlaubt die rückwirkende Abänderung und damit die gerichtliche Durchsetzung eines höheren Unterhaltsanspruchs bereits von dem Zeitpunkt an, zu dem die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorgelegen haben.
Daher ist es für den Prozessbevollmächtigten des Berechtigten wichtig, den Zahlungspflichtigen rechtzeitig und fehlerfrei in Verzug zu setzen.