Für das familienrechtliche Alltagsgeschäft ist die Frage von besonderer Relevanz, wer nach Eintritt der Volljährigkeit aus dem bestehenden Titel weiter vollstrecken darf. Dazu muss erst einmal geklärt werden, wer als Kläger oder Antragsteller im Rubrum des Titels bezeichnet worden ist.
1. Prozessstandschaft gem. § 1629 Abs. 3 BGB
Wird während der Trennungszeit Kindesunterhalt geltend gemacht, vertritt derjenige Elternteil das Kind, der es in seiner Obhut hat (§ 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB). Solange die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache zwischen ihnen anhängig ist, besteht also eine gesetzliche Prozessstandschaft für die Geltendmachung des Minderjährigenunterhaltes (§ 1629 Abs. 3 BGB). Folglich kann der betreuende Elternteil den Kindesunterhalt nur im eigenen Namen gerichtlich geltend machen, muss also selbst als Kläger im Rubrum der Klage bzw. als Antragsteller im Rubrum der Antragsschrift bezeichnet sein (und nicht nur als gesetzlicher Vertreter des Kindes). Der Name des anspruchsberechtigten Kindes taucht dann im Rubrum des Vollstreckungstitels gar nicht auf, sondern lediglich im Tenor.
Exkurs:
- Aus dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergibt sich, dass der Streitgegenstand deutlich bestimmt werden muss. Dazu gehört bei einem von einem Elternteil in Prozessstandschaft geltend gemachten Anspruch auf Kindesunterhalt die Angabe der Personalien des Kindes, die sinnvollerweise in den Antrag und den Tenor der gerichtlichen Entscheidung aufgenommen werden.
- Wird für mehrere Kinder Unterhalt verlangt, so müssen die entsprechenden Beträge im Antrag sowohl hinsichtlich des laufenden Unterhaltes als auch der Rückstände genau aufgeschlüsselt werden. Die unaufgeschlüsselte Angabe eines Gesamtbetrages im Klageantrag für mehrere Unterhaltsberechtigte ist unzulässig und führt dazu, dass der gesamte Titel nicht mehr vollstreckungsfähig wird.
- Dies muss auch bereits bei der vorprozessualen Zahlungsaufforderung, die den Gegner in Verzug setzen soll, beachtet werden.
- Sind freiwillige Zahlungen geleistet worden, so sind diese auch – unter Angabe der vorgenommenen Verrechnungsmodalitäten – in der Klageschrift genau aufzuführen. Die Formulierung "bereits gezahlte Beträge sind anzurechnen" macht den Titel inhaltlich unbestimmt und deshalb insgesamt nicht vollstreckungsfähig.
Ist also der Titel in gesetzlicher Prozessstandschaft erlangt worden, dann ist auch der Elternteil Inhaber dieses Titels und vollstreckt daraus im eigenen Namen (gesetzliche Vollstreckungsstandschaft).
Aus den Regelungen zur Prozessstandschaft ergeben sich folgende weitere Konsequenzen:
Exkurs:
- Ist in diesem Zeitpunkt das Unterhaltsverfahren noch nicht abgeschlossen, muss das Kind im Wege des Parteiwechsels in den Rechtsstreit eintreten.
- Das volljährig gewordene Kind hat den Rechtsstreit in dem Stand fortzuführen, in dem er sich zum Zeitpunkt des Volljährigwerdens befindet (vgl. § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB). Tritt die Volljährigkeit nach dem Urteil, aber vor der Rechtskraft ein, kann das volljährig gewordene Kind selbstständig Rechtsmittel einlegen.
Nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes kann der Titel auf das Kind umgeschrieben werden; das Kind kann nunmehr im eigenen Namen vollstrecken.
Vollstreckt nach dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes der Elternteil aus einem solchen Titel, so ist er zwar weiterhin – formell – Inhaber des Titels, ist aber nicht mehr berechtigt, aus diesem Titel zu vollstrecken.
Vollstreckt der Elternteil dennoch weiter, ist umstritten, welches Rechtsmittel dem Unterhaltspflichtigen hiergegen zur Verfügung steht:
- nach einer Meinung ist die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO gegeben,
- die Gegenansicht sieht hiergegen die Erinnerung nach § 766 ZPO als gegeben an und leitet aus der Zulässigkeit dieses einfacheren Rechtsmittels teilweise ein Zulässigkeitshindernis gegen eine Vollstreckungsgegenklage ab.
Dieser Meinungsstreit ist von großer praktischer Bedeutung, weil für die beiden Rechtsmittel verschiedene Gerichte zuständig sind. Für die Erinnerung ist das Vollstreckungsgericht zuständig, während über die Vollstreckungsgegenklage das Prozessgericht des ersten Rechtszuges entscheidet. Der Schuldner läuft damit Gefahr, nach Einlegung des Rechtsmittels jeweils auf den anderen Rechtsbehelf verwiesen zu werden.