Auch hinsichtlich der Unterhaltsrückstände aus der Zeit der Minderjährigkeit ist nur noch das jetzt volljährige Kind berechtigt, nicht aber der Elternteil, der das Kind bisher vertreten hat.
Das gilt auch dann, wenn dieser Elternteil in der Vergangenheit den finanziellen Bedarf des Kindes sichergestellt hat, weil der barunterhaltspflichtige Elternteil keinen oder nur zu geringen Unterhalt gezahlt hat. Daraus folgt:
- Noch nicht titulierte Rückstände können nur vom Kind eingeklagt werden.
- Besteht bereits ein Titel, so ist nur noch das Kind daraus berechtigt. Die Vollstreckung durch den bisher vertretenden Elternteil ist auch hinsichtlich der Rückstände unzulässig.
Daraus ergeben sich für den bisher betreuenden Elternteil Probleme. Denn dieser hat in der Vergangenheit nicht nur Betreuungsleistungen erbracht, sondern auch – quasi als Vorschuss auf den ausstehenden Unterhalt – noch eigene Geldmittel zur Versorgung des Kindes aufgewandt, das eigentlich der barunterhaltspflichtige andere Elternteil hätte zur Verfügung stellen müssen (vgl. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Jetzt kann aber nur noch das Kind diese Unterhaltsrückstände gegen den zahlungspflichtigen Elternteil geltend machen und vollstrecken.
Es wird diskutiert, ob der bis zur Volljährigkeit das Kind betreuende Elternteil seine tatsächlich erbrachten Aufwendungen für das Kind ggf. nach § 1607 BGB in einem neuen Prozess gegen den anderen Elternteil durchsetzen kann.
Die hier bestehende Gesetzeslücke hat der BGH im Wege richterlicher Rechtsfortbildung durch die entwickelte Rechtsfigur des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs geschlossen, der inzwischen nahezu einhellig anerkannt ist. Dieser Ausgleichsanspruch findet seine Rechtfertigung in der gemeinsamen elterlichen Verantwortung für das Kind und der sich daraus ergebenden Sonderverbindung mit wechselseitigen Rechten und Pflichten beider Elternteile. Ob dies in einem noch laufenden Verfahren im Wege der Klageänderung erfolgen kann oder ob ein neuer Prozess erforderlich wird, ist umstritten.
Bei einem bereits titulierten Anspruch ergeben sich aber Einschränkungen. Denn das Auswechseln titulierter Ansprüche ist unstatthaft. Der Elternteil, der seine Gläubigerstellung bzgl. des Unterhaltsrückstandes an das jetzt volljährige Kind verloren hat, kann sich also nicht durch Unterschieben eines ihm für vergangene Zeiten zustehenden familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs den Vollstreckungstitel für sich erhalten.
Da die Interessen der beiden Elternteile und des volljährig gewordenen Kindes in der Lebenswirklichkeit nicht immer parallel laufen, stellen sich in der Praxis folgende Fragen:
- Wie hoch ist der familienrechtliche Ausgleichsanspruch?
- Kann das Kind trotzdem weiterhin vollstrecken und besteht die Gefahr der doppelten Inanspruchnahme?
- Kann das Kind auf seinen Anspruch verzichten mit Wirkung auch gegen den bisher betreuenden Elternteil?
Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist auf Ersatz der Aufwendungen gerichtet, die der betreuende Elternteil erbracht hat. Er richtet sich also nicht – wie der Unterhaltsanspruch – nach der Leistungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteils.
Allerdings ist das Kind verpflichtet, seinen Unterhaltsanspruch hinsichtlich der während der Minderjährigkeit aufgelaufenen Rückstände an den bislang betreuenden Elternteil abzutreten. Die Anspruchsgrundlage für eine Abtretungsverpflichtung ergibt sich aus § 1618a BGB (gegenseitige Rücksichtnahme von Eltern und Kind), § 242 BGB (Treu und Glauben) oder § 255 BGB (Abtretungsverpflichtung bei Schadloshaltung). Tritt das Kind also seinen mit dem Ausgleichsanspruch korrespondierenden Unterhaltsanspruch an den seither betreuenden Elternteil ab, so vereinigen sich Unterhalts- und Ausgleichsanspruch in der Hand des ausgleichsberechtigten Elternteils. Beide Ansprüche erlöschen kraft Erfüllung (§ 362 BGB), wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil an den ausgleichsberechtigten Elternteil leistet. Die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht daher nicht.
Kommt es nicht zu einer Abtretung des Unterhaltsanspruchs, so hat der ausgleichsberechtigte Elternteil auch noch eine andere Möglichkeit, das Kind an der Einziehung des rückständigen Barunterhalts zu hindern und seinem konkurrierenden familienrechtlichen Ausgleichsanspruch zur Durchsetzung zu verhelfen. Er kann nämlich durch einseitige Erklärung gegenüber dem Kind den Unterhaltsanspruch des Kindes zum Erlöschen bringen, indem er bestimmt, dass durch die von ihm selbst in der Vergangenheit dem Kind erbrachten Barunterhaltsleistungen die Barunterhaltsverpflichtung des anderen Elternteils getilgt werden sollte (§ 267 Abs. 1 BGB). Eine solche Leistungsbestimmung kann, wenn Treu und Glauben nicht entgegenstehen, noch nachträglich nach Vornahme der infrage stehenden Erfüllungshandlung erfolgen. Treu und Glauben stehen einer solchen nachträglichen Tilgungsbestimmung in den vorliegenden Fällen nicht entgegen. Da die Leistung bereits erbracht ist, scheide...