Die Entscheidung, die seit dem 11.6.2008 im Internet verfügbar ist, ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung:
Der BGH bestätigt seine Rechtsprechung, wonach das ungefragte Verschweigen von erhöhten Einkünften zur Verwirkung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt führen kann.
In einem gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Ehemann, an die Ehefrau ab Oktober 2003 Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 557 EUR zu zahlen. Dabei gingen die Parteien von einem Nettoeinkommen der Ehefrau aus Teilzeittätigkeit in einem Seniorenheim in Höhe von 800 EUR aus (die Nebeneinkünfte können unberücksichtigt bleiben). Bereits zwei Monate später erzielte die Ehefrau als Krankenschwester in ihrem erlernten Beruf monatlich durchschnittlich 1.184 EUR, also knapp 400 EUR mehr, ohne es dem Ehemann zu offenbaren.
Erst im Rahmen der Verhandlung über den nachehelichen Unterhalt erfolgte ein Jahr später die Mitteilung des höheren Einkommens.
Der BGH hat ähnlich wie das OLG Hamm als Vorinstanz eine Verpflichtung der Unterhaltsberechtigten zur ungefragten Information über das erhöhte Einkommen angenommen und in der unterlassenen Offenbarung eine Gefährdung der Vermögensinteressen des Unterhaltsverpflichteten gesehen. Der BGH hat deutlich gemacht, dass im vorliegenden Fall eine schwerwiegende Gefährdung der Vermögensinteressen des Ehemannes gegeben sei, weil über die Dauer eines Jahres Unterhalt auf der Grundlage deutlich geringerer Einkünfte bezogen worden ist. Tatsächlich wäre der Unterhaltsanspruch niedriger ausgefallen.
Der BGH hat dahinstehen lassen, ob der Titel auch ein Urteil sein könne, um aus dem unterhaltsrechtlichen Treueverhältnis eine Verpflichtung zur ungefragten Information abzuleiten. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vergleich eine besondere Verpflichtung, ungefragt den anderen Vertragspartner über Änderungen der Basis des Vertragsabschlusses zu informieren. Subjektiv hat der BGH bejaht, dass ein mutwilliges Handeln gegeben ist, weil sich die Unterhaltsberechtigte zumindest leichtfertig über Interessen des Unterhaltsverpflichteten hinweggesetzt hat. Sie habe mit bedingtem Vorsatz gehandelt, weil zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses über den Trennungsunterhalt außergerichtlich auch über den nachehelichen Unterhalt im Rahmen des Scheidungsverfahrens verhandelt wurde.
Das OLG Hamm hat lediglich eine Befristung um 100 EUR für ein Jahr vorgenommen. Die Rechtsfolge ist vor allem deshalb relativ moderat ausgefallen, weil der Unterhaltsberechtigte seinerseits die Steuererstattung im März 2004 erhalten hat, ohne dies zu offenbaren. Insofern haben sich beide Seiten hier gegenseitig nicht informiert.
Der BGH hat hierzu die Auffassung vertreten, dass das Verschweigen der Steuererstattung das Verschweigen der deutlichen Einkommenserhöhung durch die Antragstellerin nicht ungeschehen machen und das unterhaltsbezogen vorwerfbare Verhalten deshalb nicht wieder aufheben könne.
b) Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB n.F.
Die BGH-Entscheidung ist darüber hinaus auch vor allem von Bedeutung wegen der Frage, ob ehebedingte Nachteile durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit und die dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden können.
Anders als das OLG, das in seiner Entscheidung vom 8.6.2006 eine Befristung nach altem Recht, § 1573 Abs. 2, § 1578 BGB, ausgeschlossen hat, ist der BGH der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Befristung des nachehelichen Unterhalts zu Unrecht abgelehnt worden ist.
Während das OLG die lange Dauer der Ehe und die Verflechtung der Lebensverhältnisse noch als ausreichend angesehen hat, um die Begrenzung abzulehnen, macht der BGH unmissverständlich deutlich, dass die Dauer der Ehe und der sich anschließenden Zeit der Kindererziehung für das Vorliegen ehebedingter Nachteile ebenso wie die Verflechtung der gemeinsamen wirtschaftlichen Verhältnisse lediglich Indizien sind.
Die Dauer der Ehe war 13 Jahre. Das einzige gemeinsame Kind aus der Ehe war zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG 16 Jahre alt, so dass auch nach dem alten Recht eine Erwerbsobliegenheit für eine volle Berufstätigkeit der Ehefrau bestand. Insbesondere der durchgeführte Versorgungsausgleich hat im vorliegenden Fall dazu geführt, dass die Ehefrau für die knapp 13-jährige Ehezeit Rentenanwartschaften von rund 540 EUR zugesprochen bekommen hat. Insofern können unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte ehebedingte Nachteile regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und der dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit vollständig ausgeglichen.
Wer die Entscheidungen des OLG (2006) und des BGH (2008) gegenüberstellt, versteht das Wort vom Paradigmenwechsel im neuen Unterhaltsrecht.
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