Unterhaltspflicht des Hausmanns
Wenn jemand, der bislang erwerbstätig war, es übernimmt, in seiner neuen Ehe oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft die aus dieser hervorgegangenen Kinder zu betreuen und den Haushalt zu führen, ist die Frage zu entscheiden, ob er sich gegenüber seinen übrigen Kindern und gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen Leistungsunfähigkeit (§§ 1603, 1581 BGB) berufen kann.
Dies hängt davon ab, ob dem Unterhaltspflichtigen ein Einkommen aus der Verbindung mit dem neuem Partner und/oder wegen einer Verletzung der Obliegenheit zu einer Erwerbstätigkeit zugerechnet werden kann.
Nach der Rechtsprechung des BGH darf ein seinen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtiger Elternteil in einer neuen Ehe nur dann die Haushaltsführung und Kindesbetreuung übernehmen, wenn wirtschaftliche oder sonstige Gründe von gleichem Gewicht, die einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie bringen, den Rollentausch rechtfertigen. Die Kinder aus erster Ehe müssen den Rollentausch nur dann hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie an der Aufgabenverteilung ihr eigenes Interesse an der Beibehaltung der bisherigen Unterhaltssicherung deutlich überwiegt, etwa wenn sich aufgrund der Rollenwahl die wirtschaftlichen Verhältnisse in der neuen Ehe wesentlich günstiger gestalten. Ist dies zu verneinen, muss sich der Unterhaltspflichtige sein früheres volles Erwerbseinkommen anrechnen lassen.
Im Falle eines berechtigten Rollentauschs trifft den Unterhaltspflichtigen eine Obliegenheit, erforderlichenfalls durch eine Nebentätigkeit zum Unterhalt seiner Kinder aus der früheren Ehe beizutragen. Der neue Ehegatte muss ihm dies nach dem Rechtsgedanken des § 1356 Abs. 2 BGB ermöglichen. Gegebenenfalls muss eine entgeltliche Betreuung des Kindes in der neuen Ehe in Anspruch genommen werden. Soweit der Selbstbehalt des Unterhaltsverpflichteten durch den vom anderen Ehegatten geleisteten Familienunterhalt gedeckt ist, kann er eigene Mittel voll für Unterhaltszwecke verwenden, etwa ein ihm zustehendes Taschengeld und den Verdienst aus einer stundenweisen Nebentätigkeit. Die neue Ehe kann sich für die Kinder aus erster Ehe sowohl unterhaltsschmälernd als auch unterhaltserhöhend auswirken.
Nach der Ansicht des BGH kann der Verpflichtete nicht auf andere leistungsfähige Verwandte i.S.v. § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB verweisen, weil die Hausmann-Rechtsprechung nicht auf dieser Bestimmung beruhe, sondern auf dem gleichen Rang der Unterhaltsberechtigten. Im Verhältnis zum volljährigen Kind, auch wenn dieses behindert ist, hat der BGH eine Obliegenheit zu einer Nebentätigkeit verneint. Im Verhältnis zu diesem und zu der aufgrund der Neufassung des § 1609 BGB durch das UÄndG 2007 (BGBl I, S. 3189) nicht mehr auf dem ersten Rang stehenden geschiedenen Ehefrau dürfte entscheidend sein, dass sich derjenige, der aufgrund seiner Erwerbstätigkeit allen Berechtigten Unterhalt leisten konnte, wenn er diese aufgibt und die Haushaltsführung übernimmt, gegenüber den anderen Unterhaltsberechtigten dem Vorwurf der Verletzung einer Erwerbsobliegenheit aussetzen kann. Dies bedeutet, dass sich zwar je nach der Art des Unterhaltsverhältnisses die Anforderungen an die Zumutbarkeit einer vollen Tätigkeit oder Nebentätigkeit ändern, diese aber bei nachrangigen Unterhaltspflichten nicht allgemein verneint werden kann, insbesondere wenn kein Elternrecht auf Betreuung zu berücksichtigen ist. Wie der BGH grundsätzlich anerkennt, ist die Wahl der Rolle als Hausmann oder Hausfrau zunächst eine nur das Innenverhältnis der neuen Ehegatten betreffende Maßnahme, die die Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten und dem volljährigen Kind nicht übermäßig beeinträchtigen darf. Müssen in der neuen Ehe keine Kinder betreut werden, kann eine Erwerbsobliegenheit des haushaltsführenden neuen Ehegatten nicht verneint werden, weder im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten noch zum volljährigen Kind.
Die Grundsätze der Hausmann-Rechtsprechung sind bei Betreuung eines Kindes in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entsprechend heranzuziehen.