Das Recht der allgemeinen Ehewirkungen (Art. 212–224 ZGB) beinhaltet die Rechte und Pflichten der Ehegatten. Die Bestimmungen sind zwingend vorgeschrieben. Sie sind auf jede Ehe anwendbar, unabhängig davon, ob die Ehegatten unter dem gesetzlichen Güterstand leben oder einen Güterstand vereinbart haben.
Wichtigste Bestimmung ist der Artikel 215 ZGB zum Schutz von Ehewohnung und Hausrat. Anders als im deutschen Recht, das die Ehewohnung nur schützt, insoweit § 1365 BGB über Verfügungen über das Vermögen im ganzen Anwendung findet, wird die Ehewohnung nach belgischem Recht autonom geschützt. Der Ehegatte, der dingliche Rechte an der Ehewohnung hat, kann, ohne Einwilligung des anderen Ehegatten, weder diese Rechte gegen Entgelt oder unentgeltlich veräußern, noch diese Wohnung mit einer Hypothek belasten. Ebenso wenig kann er über den Hausrat, der sich in der Ehewohnung befindet, ohne Einwilligung des anderen Ehegatten verfügen oder diesen verpfänden.
Der Schutz gilt weder gegenüber dem Gläubiger noch im Konkursfall.
Wenn ein Ehegatte seine Einwilligung ohne wichtigen Grund verweigert, dann kann der andere Gatte sich vom Gericht ermächtigen lassen, um das Rechtsgeschäft allein durchzuführen.
Auch die gemietete Ehewohnung wird geschützt. Das Mietrecht gehört beiden Ehegatten, auch wenn die Wohnung, z.B. vor der Ehe, von einem Ehegatten gemietet worden ist. Die Kündigung hat von beiden Ehegatten auszugehen. Möchte der Vermieter kündigen, dann hat er beiden Ehegatten getrennt die Kündigung zu übermitteln. Dies ist auch der Fall, wenn die Wohnung durch einen Ehegatten vor der Ehe gemietet worden ist. Es entsteht dann kraft Gesetzes ein zweites Mietverhältnis zwischen dem Vermieter und dem Ehegatten des Mieters. Das Mietgesetz vom 20. Februar 1991 hat diese Regelung ergänzt, indem es bestimmt, dass der Ehegatte die Kündigung, die ausschließlich dem ursprünglichen Mieter zugeschickt worden ist, nur anfechten kann, insoweit er beweist, dass der Vermieter Kenntnis von der Eheschließung hatte.
Der Schutz der Ehewohnung gilt nicht bei Handelsmiete oder Pacht.
Das régime primaire beinhaltet in seinem Artikel 217 eine Bestimmung über die Einkassierung und die Verwendung des Einkommens der Ehegatten. Diese Regel betrifft allerdings nur die Verwaltung und nicht das Eigentum des Einkommens. Das Letztere wird durch den Güterstand bestimmt. In der gesetzlichen Gütergemeinschaft ist das Einkommen gemeinschaftlich, bei vertraglicher Gütertrennung ist das Einkommen eigen. In der vertraglichen Gütergemeinschaft sind die Bestimmungen des Ehevertrages maßgebend.
Der Artikel 217 bestimmt, dass jeder Ehegatte sein Einkommen allein empfängt. Darüber hinaus wird eine Rangordnung für die Verwendung dieses Einkommens festgelegt. Es ist an erster Stelle für die Haushaltsführung und für die Kindeserziehung zu verwenden. Den Überschuss kann der Ehegatte verwenden, um Berufsgüter zu kaufen, die für seine Berufstätigkeit zu verantworten sind. Diese Berufsgüter stehen unter der ausschließlichen Verwaltung dieses Ehegatten. Was dann noch übrig bleibt, wird verwaltet, wie durch den Güterstand festgelegt.
Der Artikel 222 ZGB bestimmt, dass jeder Ehegatte für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften haftet, die von dem anderen Ehegatten für den gemeinsamen Haushalt vorgenommen worden sind, sowie auch für Schulden aus Rechtsgeschäften, die für die Kindererziehung abgeschlossen sind. Er haftet nicht für Schulden, die im Verhältnis zu den Erwerbsmitteln der Familie als übermäßig zu qualifizieren sind.
Das Recht der allgemeinen Ehewirkungen kennt noch weitere Bestimmungen bezüglich der Kontoeröffnung durch einen Ehegatten (Art. 218 ZGB), der Vollmacht zwischen Ehegatten (Art. 219 ZGB), der Vertretung des Ehegatten, der nicht in der Lage ist, seinen Willen zu äußern (Art. 220 ZGB), der Beitragspflicht für Haushalt und Kindeserziehung mit Einklagemöglichkeit beim Friedensrichter (Art. 221 ZGB), der Zuständigkeit des Friedensrichters für vorläufige Ehemaßnahmen, wenn ein Ehegatte seine Pflichten verletzt oder das Einvernehmen zwischen den Ehegatten ernsthaft gestört ist (Art. 223 ZGB), und der Möglichkeit, um bestimmte Rechtsgeschäfte wie eine Schenkung oder eine Bürgschaft für nichtig erklären zu lassen, wenn sie den Interessen der Familie schaden (Art. 224 ZGB).