I. Erstmals durch die Unterhaltsrechtsreform zum 1.1.2009 hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Befristung eines sich auf § 1572 BGB gründenden Unterhaltsanspruches eröffnet. In den Fokus sowohl der anwaltlichen Beratung als auch der richterlichen Bewertung eines solchen Anspruches sind damit die zentralen Fragen getreten, ob die Erkrankung ehebedingt ist, so dass sie – wenn nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen – einer Befristung grundsätzlich entgegensteht, und in welchem zeitlichen Rahmen ggf. eine Befristung als der Billigkeit entsprechend angesehen werden kann.
Mit diesen beiden Kernfragen setzt sich auch die Entscheidung des BGH vom 30.3.2011 auseinander, wobei das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt wird.
II. 1. Bereits die Annahme eines aus der Erkrankung der Antragsgegnerin folgenden ehebedingten Nachteils verneint der BGH.
In der Praxis wird – häufig auf ausdrücklichen Wunsch eines Mandanten – in diesem Sachzusammenhang umfassend vorgetragen, inwieweit die Aufgabe einer Erwerbstätigkeit dem alleinigen Wunsch eines Ehegatten soll entsprochen haben. Hier verweist der BGH konsequent auf seine ständige Rechtsprechung, wonach der Annahme eines ehebedingten Nachteils regelmäßig das Ergebnis eines durchgeführten Versorgungsausgleichs entgegensteht, durch den etwaige Einkommensminderungen wegen einer während der Ehe nur teilschichtig ausgeübten Tätigkeit kompensiert wurden. Dies gilt umso mehr, wenn – wie im entschiedenen Sachverhalt – der Unterhaltsgläubiger zudem über einen Rentenbezug wegen voller Erwerbsminderung verfügt. Die in diesem Zusammenhang denkbare Problematik einer wegen der Ehe und Kindererziehung nicht in Betracht kommenden wirtschaftlichen Absicherung durch eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in verschiedenen aktuellen Entscheidungen aufgegriffen worden und stellt prägnante Gegenbeispiele dar zu dem vorliegend entschiedenen Sachverhalt.
Ausführungen dazu, inwieweit eine während der Ehezeit praktizierte Rollenverteilung dem Wunsch und den Vorstellungen beider Ehegatten entsprochen hat, sind damit entbehrlich (vgl. auch Rspr. Fn 9), in der Regel auch im Eigeninteresse der Beteiligten, da gerade in diesem Rahmen Sachvortrag veranlasst wird, der nicht nur einer konstruktiven aktuellen Unterhaltsregelung entgegensteht, sondern auch zu einer kaum zu revidierenden Verhärtung der beiderseitigen Positionen führen kann.
2. Allein das Fehlen eines ehebedingten Nachteils führt nicht per se zu einer Befristung und/oder Begrenzung eines Unterhaltsanspruches. Der BGH greift auch hier auf seine bisherige Rechtsprechung zurück unter Verweis darauf, dass die Unterhaltsbefristung nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Es muss jeweils einzelfallbezogen geprüft werden, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, d.h. der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen.
Bei den im entschiedenen Sachverhalt in die Billigkeitsabwägung eingeflossenen Kriterien waren die Aspekte der bisherigen Dauer der Unterhaltszahlung – einschließlich der Trennungsphase – sowie die Gefahr einer etwaigen Sozialhilfebedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers in der Rechtsprechung des BGH bereits wiederholt Entscheidungsgegenstand. Hervorzuheben sind allerdings zwei weitere in der Entscheidung genannte Prüfungsgesichtspunkte.
a) Gegenstand zweier aktuellerer Entscheidungen des BGH war unter anderem die Frage, ob die Behauptung einer im Zusammenhang mit dem prozessualen Sachvortrag des Unterhaltsschuldners stehenden Verschlimmerung einer Erkrankung der Unterhaltsgläubigerin beachtlich ist. Dieser Überlegung ist der BGH auch im vorlie-genden Urteil nicht gefolgt, sondern hat zutreffend darauf verwiesen, dass es der sich gegen den Unterhaltsanspruch verteidigenden Prozesspartei möglich sein muss, ihre prozessualen Rechte wahrzunehmen. Dieser Gesichtspunkt sollte – unabhängig davon, ob der Unterhaltsschuldner oder -gläubiger vertreten wird – auf Anwaltsseite eine Selbstverständlichkeit sein. Losgelöst von dem für jeden Anwalt ohnehin geltenden Mäßigungsgebot hat der Gesetzgeber aber auch bereits in der Begründung des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes hervorgehoben, dass die Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB nicht der Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens dienen soll. Diese gesetzgeberischen Erwägungen hat der BGH in seiner jüngsten Rechtsprechung aufgegriffen. An dieser Stelle geht das Postulat daher eindeutig an die Anwaltschaft, gelegentlich auch gegenüber einem Mandanten klarzustellen, wie weit man bereit ist, dessen Meinung und Wertvorstellungen juristisch mitzutragen.
b) Die Frage der wirtschaftlichen Belastung eines Unterhaltsschuldners durch die Erfüllung des titulierten Unterhaltes als solche ist keine wesentlich neue Billigkeitsabwägung. Die Besonderheit im entschiedenen Sachverhalt ist allerdings darin begründet, dass der Unterhaltsschuldner nicht nur über gute Einkommensverhältnisse verfügt, die wegen eines Karrieresprungs zudem nicht...