Die Entscheidung des OLG Celle vom 28.4.2011 (10 WF 123/11) befasst sich mit den Besonderheiten, die sich durch die in der Praxis vielfach noch nicht ausreichend beachtete Änderung von § 121 Abs. 3 ZPO bei der eingeschränkten Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts in Prozesskosten- bzw. Verfahrenskostenhilfebewilligungsbeschlüssen dadurch ergeben haben, dass diese Vorschrift durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft vom 26.3.2007 (RASvStG) mit Wirkung zum 1.6.2007 neugefasst worden ist.
Nachdem der BGH durch Beschluss vom 10.10.2006 hinsichtlich der zuvor kontrovers diskutierten Frage, ob ein Gericht für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Beiordnungsbeschränkung ohne Nachfrage bei dem betroffenen Rechtsanwalt anordnen darf, entschieden hatte, dass ein schrankenlos gestellter Beiordnungsantrag eines nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts regelmäßig ein konkludentes Einverständnis mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung seiner Beiordnung nur zu den Bedingungen eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts enthält, war grundsätzlich sichergestellt, dass im Falle einer entsprechenden Beiordnung eines vertretungsbereiten auswärtigen Rechtsanwalts für die Staatskasse keine weiteren Kosten entstehen. Nach dem bis zum 30.6.2004 geltenden § 126 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BRAGO bzw. § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO in der bis zum 31.5.2006 geltenden Fassung hatte dies nämlich grundsätzlich die Konsequenz, dass die derart beigeordneten auswärtigen Rechtsanwälte gegenüber der Staatskasse keine Mehrkosten abrechnen konnten, die durch das Auseinanderfallen ihres Wohn- bzw. Kanzleisitzes und dem Ort des Prozessgerichts entstehen. Da § 27 Abs. 1 BRAO in der seinerzeit geltenden Fassung für Rechtsanwälte die Verpflichtung aufstellte, ihre Kanzlei am Ort des Gerichts zu betreiben, bei dem sie zugelassen waren, konnten Reisekosten oder Abwesenheitsgelder nicht anfallen.
Mit dem weitgehenden Wegfall der Zulassungsbeschränkungen durch Aufgabe des Lokalisationsprinzips bei den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch das RASvStG war auch eine Anpassung von § 121 Abs. 3 ZPO an die Änderungen der BRAO notwendig geworden. Die Neufassung von § 121 Abs. 3 ZPO hat für die Prüfung der Beiordnung eines vertretungsbereiten auswärtigen Rechtsanwalts im Rahmen der PKH/VKH aber nicht nur die vom OLG Celle zutreffend aufgezeigte Konsequenz, dass sich eine nur eingeschränkte Beiordnung nicht mehr am alten Gesetzestext orientieren kann. Derartige Beiordnungen "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" oder "zu den Bedingungen eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts" sind mit dem neugefassten § 121 Abs. 3 ZPO nicht mehr vereinbar.
Die Gesetzesänderung bringt auch die Notwendigkeit mit sich, die Frage, ob eine nur eingeschränkte Beiordnung "zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts" erfolgen kann, einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen als zuvor. Da eine derartige Einschränkung bei der Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts nur mit dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO gerechtfertigt werden kann, ist seit dem 1.6.2007 eine zweistufige Prüfung erforderlich.
Zunächst muss berücksichtigt werden, dass durch den Wegfall des Lokalisationsprinzips für die Staatskasse bereits dadurch höhere Kosten entstehen, dass auch im Rahmen der Beiordnung eines Rechtsanwalts aus dem Bezirk des Prozessgerichts Reisekosten und ggf. auch Abwesenheitsgelder erstattet werden müssen, wenn dieser Rechtsanwalt seinen Wohn- bzw. Kanzleisitz nicht am Ort des Prozessgerichts hat. Reisekosten eines Rechtsanwalts, der zwar im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist, aber seinen Kanzleisitz nicht am Gerichtsort hat, gehören nunmehr zu den erstattungsfähigen Kosten, da nach der Vorbemerkung 7 Abs. 2 vor VV 7000 der Anlage 1 zum RVG eine Geschäftsreise eines Rechtsanwalts bereits dann vorliegt, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet. Durch diese Gesetzesänderung hat sich der Vergleichsmaßstab dahingehend verändert, dass nicht mehr das Kostenaufkommen eines Bevollmächtigten am Gerichtsort, sondern vielmehr das Kostenaufkommen eines Bevollmächtigten aus dem Bezirk des angerufenen Gerichts, der zum Gerichtsort anreisen muss, maßgeblich ist. Auch wenn die oben angesprochene Rechtsprechung des BGH zu einem konkludenten Einverständnis des auswärtigen Rechtsanwalts mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung seiner Beiordnung auf die Neufassung dieser Vorschrift grundsätzlich übertragen werden kann, kann der teilweise angenommene konkludente Verzicht auf jegliche Reisekosten aus einem derartigen Beiordnungsantrag eines auswärtigen Rechtsanwalts nicht mehr hergeleitet werden.
In einem ersten Prüfungsschritt sind nunmehr die entstehen...