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Vorbemerkung
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Die Rechtslage im Familienrecht wurde durch das 1. EheRG zum 1.7.1977 grundlegend umgestaltet. Seitdem ist viel geschehen; das Gesetz hat weitere Reformen erfahren, die Rechtsprechung hat sich weiterentwickelt. Der nachfolgende Beitrag versucht, die wesentlichen Entwicklungen nachzuzeichnen und vor dem Hintergrund einer aktuellen Reforminitiative zum nachehelichen Ehegattenunterhaltsrecht einen Ausblick zu geben.
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Der folgende Text schließt unmittelbar an den in FF 6/2017, 236 ff. abgedruckten Teil 1 des Aufsatzes – mit diesen Inhalten – an:
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A. Entwicklung des Gesetzes
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I. Ausgangslage
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II. Reformen
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1. 1977
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2. 1986
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3. 1998
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4. 2008
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5. 2013
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6. Ergebnis
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B. Entwicklung der Rechtsprechung
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I. Bis 2000
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II. Seit 2001
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1. Hausfrauen-Entscheidung
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2. Versorgung des neuen Partners
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3. Billigung des Methodenwechsels
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4. Überobligatorische Einkünfte
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III. Ausgewählte Bereiche
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1. Bedarf
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2. Betreuungsunterhalt
[Ohne Titel]
[Ohne Titel]
3. § 1578b BGB
Die – 1986 eingeführten – Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeiten waren von der Rechtsprechung fast unbeachtet geblieben (siehe unter A. II. 2.), was zu der weiteren Gesetzesänderung im Jahre 2008 und der – für alle nachehelichen Unterhaltstatbestände eingeführten – neuen Möglichkeit der Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung von Unterhaltsansprüchen in Form des § 1578b BGB führte (siehe unter A. II. 4.). Die Vorschrift wurde bereits 2013 geändert (siehe unter A. II. 5.).
a) Grundsatzentscheidung des BGH
Bereits vor der genannten Gesetzesreform wurde der "Abschied von der Lebensstandardgarantie" durch eine Grundsatzentscheidung des BGH eingeführt. Die maßgeblichen Grundsätze hat der BGH anschließend in weiteren Entscheidungen bestätigt.
b) Systematik
Die neue Vorschrift des § 1578b BGB fasst die früheren Begrenzungsmöglichkeiten (§§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) zusammen in Form einer jetzt alle nachehelichen Unterhaltstatbestände erfassenden Billigkeitsregelung, die systematisch beide Grundprinzipien des nachehelichen Unterhalts (Eigenverantwortung einerseits, fortwirkende nacheheliche Solidarität andererseits) vereinigt. Dabei ist zu unterscheiden:
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Abs. 1 der Vorschrift lässt eine Herabsetzung der Höhe nach zu, |
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Abs. 2 sieht eine zeitliche Begrenzung vor, |
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Abs. 3 ermöglicht eine Verbindung von beiden Rechtsfolgen. |
Der Begriff des "angemessenen Lebensbedarfs" wurde § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. entnommen; von Bedeutung sind die Lebensstellung des Berechtigten vor der Ehe oder die Lebensstellung, die er – mutmaßlich – ohne die Ehe erlangt hätte. Nach der Gesetzesbegründung verfolgt die Neuregelung das Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe zu erleichtern, insbesondere unter Verwendung des Kriteriums der "ehebedingten Nachteile". Es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH, dass
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eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Standards nur bei sehr langer Ehedauer und gleichzeitiger wirtschaftlicher Verflechtung, der Übernahme von erheblichen beruflichen Nachteilen wegen der Ehe oder im Falle gemeinsamer betreuungsbedürftiger Kinder angemessen ist, |
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es ansonsten für den Berechtigten im Falle einer Verbesserung seines Lebensstandards durch die Ehe zumutbar ist, dass nach Ablauf einer Übergangszeit eine Reduzierung auf seinen vor der Heirat bestehenden Lebensstandard vorgenommen wird. |
Einkommensunterschiede, die ihre Ursache in unterschiedlicher beruflicher Entwicklung vor der Ehe haben, sind ohne Bedeutung. Die – in Abs. 1 S. 2 und 3 der Vorschrift konkretisierten – ehebedingten Nachteile sind stets vorrangig zu prüfen. Daneben, aber nachrangig zu prüfen ist die nacheheliche Solidarität, vor allem in Fällen, in denen es nicht um die Kompensation ehebedingter Nachteile geht, insbesondere bei einer – unabhängig von der Ehe aufgetretenen – Krankheit eines Ehegatten oder bei starker wirtschaftlicher Verflechtung aufgrund langjähriger Ehe. Abs. 1 S. 2 der Vorschrift weist "insbesondere" auf die ehelichen Nachteile hin und schließt somit andere Billigkeitsmaßstäbe nicht aus.
Auch der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) bietet dem Berechtigten keine Lebensstandardgarantie mehr, sondern soll nur ehebedingte Nachteile ausgleichen. Gerade im Hinblick auf den durch die "Hausfrauenentscheidung" des BGH (siehe unter B. II. 1.) vorgenommenen Wechsel von der Anrechnungs- zur Differenzmethode besteht eine gesteigerte Veranlassung, die Möglichkeiten der Befristung und Begrenzung der Höhe nach zu überprüfen.