Ehevertrag
Ein notarieller Ehevertrag ist nichtig, wenn der Ehefrau nach dem Vertrag weder ein Anspruch auf den Zugewinnausgleich noch auf Teilhabe an den Rentenansprüchen ihres Mannes zustehen soll und auch ihr Unterhaltsanspruch weitgehend eingeschränkt worden ist. Diese in der Summe unangemessene Benachteiligung der Ehefrau führt zur Nichtigkeit des Vertrages, weil die bei dessen Abschluss schwangere Ehefrau als Auszubildende im Betrieb ihres 20 Jahre älteren künftigen Ehemannes diesem in Lebenserfahrung und Bildung deutlich unterlegen gewesen war und sich im Hinblick darauf, dass sie damit rechnen musste, dass die bevorstehende Hochzeit ohne ihre Unterschrift abgesagt werden würde, in einer Zwangslage befand (red. LS).
(OLG Oldenburg, Beschl. v. 10.5.2017 – 3 W 21/17)
Ehewohnung
Die gemeinsame Wohnung kann einem der Ehegatten zugesprochen werden, um eine "unbillige Härte" zu verhindern (§ 1361b BGB). Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sonst das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt wäre oder wenn der Ehefrau ein weiteres Zusammenleben mit ihrem Mann nicht zuzumuten wäre, etwa wenn der Ehemann die Ehefrau erheblich bedroht und sich bereits gewaltsam Zugang zu der Wohnung verschafft hat, so dass auch mit der Umsetzung der Drohungen zu rechnen ist, und dem Mann zugemutet werden kann, vorübergehend wieder bei seinen Eltern einzuziehen, bei denen er nach der Trennung bereits für einige Zeit gelebt hat (red. LS).
(OLG Oldenburg, Beschl. v. 31.1.2017 – 4 UFH 1/17 und v. 29.3.2017 – 4 UF 12/17)
Zugewinn
a) Anforderungen an die Auskunft im Rahmen des § 1379 BGB. b) Kein Anspruch auf Auskunft über das Trennungsvermögen, wenn ein genauer Zeitpunkt des Getrenntlebens nicht feststellbar ist. c) Stichtag zur Berechnung des Endvermögens bei gleichzeitiger Rechtshängigkeit zweier Scheidungsverfahren, wenn das zweite Scheidungsverfahren zur Ehescheidung geführt hat.
(OLG Braunschweig, Beschl. v. 2.12.2016 – 1 UF 38/16, FamRZ 2017, 789)
Versorgungsausgleich
a) Zur Behandlung geringfügiger Anrechte beim Tod eines Ehegatten vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 22.3.2017 – XII ZB 385/15, FamRZ 2017, 960 m. Anm. Holzwarth). b) Werden geringfügige Anrechte als Rechnungsposten in die Gesamtsaldierung eingestellt, bleiben (fiktive) Teilungskosten unberücksichtigt, wenn diese Anrechte selbst nicht zum Ausgleich herangezogen werden sollen.
(BGH, Beschl. v. 10.5.2017 – XII ZB 310/13)
Der Auskunftsanspruch gegen den Versorgungsträger nach § 4 Abs. 2 VersAusglG ist auch dann subsidiär, wenn die Auskunft der Ermittlung und Durchsetzung eines unmittelbaren Zahlungsanspruchs gegen den Versorgungsträger selbst dient.
(BGH, Beschl. v. 26.4.2017 – XII ZB 243/15)
Sehen die Bedingungen einer 1991 geschlossenen Rentenversicherung die Versorgung von Hinterbliebenen in Form von Witwenrente vor, so kann eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer eine eingetragene Lebenspartnerschaft auf der Grundlage des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16.2.2001 begründet hat.
(BGH, Urt. v. 26.4.2017 – IV ZR 126/16)
a) Enthält ein Ehevertrag eine Regelung, durch die der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird, und beruft sich der scheidungswillige Ehegatte auf die Anwendung dieser Regelung, ist diese gemäß § 8 Abs. 1 VersAusglG einer Wirksamkeitskontrolle zu unterziehen. b) Dabei ist zwischen der Inhalts- und der Ausübungskontrolle zu unterscheiden. Bei der Inhaltskontrolle ist auf die Verhältnisse und Planungen der Ehegatten im Zeitpunkt des Zustandekommens des Ehevertrages abzustellen. Bei der Ausübungskontrolle sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich. c) Hält die ehevertragliche Vereinbarung der Ausübungskontrolle nicht stand, ist eine Vertragsanpassung vorzunehmen. Dabei kann das ehebedingte Versorgungsdefizit der Ehefrau dadurch ausgeglichen werden, dass ihr vom Ehemann während der Ehezeit erworbene Entgeltpunkte in der Höhe übertragen werden, wie sie sie bei Fortsetzung einer fiktiven vollschichtigen Erwerbstätigkeit selbst hätte erzielen können.
(OLG Bremen, Beschl. v. 24.5.2017 – 4 UF 152/16)
Sorge- und Umgangsrecht
a) Zur Begründung und verfassungsrechtlichen Überprüfung eines Sorgerechtsentzugs für drei fremduntergebrachte Kinder. b) Selbst bei völliger Unverwertbarkeit einer sachverständigen Begutachtung hält eine Entscheidung verfassungsgerichtlicher Kontrolle stand, wenn sich das Vorliegen einer die Trennung von Kind und Eltern rechtfertigenden Kindeswohlgefährdung aus den Entscheidungsgründen auch ohne Einbeziehung der sachverständigen Aussagen hinreichend nachvollziehbar ergibt.
(BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 27.4.2017 – 1 BvR 563/17, juris)
a) Die Schutzimpfung eines Kindes ist auch dann eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind, wenn es sich um eine sog. Standard- oder Routineimpfung handelt. b) Bei Uneinigkeit der Eltern über die Durchführung einer solchen Impfung kann die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil, der ...