BGB § 1375 Abs. 2 S. 2 § 1378 Abs. 2 § 1379 Abs. 1 S.1 Nr. 1 § 1384; EGBGB Art. 229 § 20 Abs. 2
Leitsatz
Die Vorschrift des § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung, nach der Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangt werden kann, ist nicht anwendbar, wenn die Ehe vor dem 1.9.2009 rechtskräftig geschieden worden ist (Fortführung von Senatsurt. v. 16.7.2014 – XII ZR 108/12, FamRZ 2014, 1610 und v. 22.10.2014 – XII ZR 194/13, FamRZ 2015, 121). (Rn 10)
BGH, Beschl. v. 5.4.2017 – XII ZB 259/16 (OLG Jena, AG Weimar)
1 Aus den Gründen:
[1] I. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) beansprucht von ihrem seit 28.3.2009 rechtskräftig geschiedenen Ehemann, dem Antragsgegner, Zugewinnausgleich in Höhe von 380.621,85 EUR nebst Zinsen. Wegen eines bei ihm entstandenen Verdachts illoyaler Vermögensverschiebungen durch die Ehefrau in der Zeit nach der Trennung hat der Ehemann beantragt, diese zu verpflichten, ihm Auskunft über ihr Vermögen zum Trennungszeitpunkt, dem 17.6.2005, durch Vorlage eines schriftlichen, systematisch gegliederten Bestandsverzeichnisses zu erteilen und dieses zu belegen. Das Familiengericht hat die Ehefrau demgemäß durch Teil-Versäumnisbeschluss verpflichtet, welchen es auf ihren Einspruch hin aufrechterhalten hat. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht den angefochte nen Beschluss abgeändert, den Teil-Versäumnisbeschluss aufgehoben und den Antrag des Ehemanns zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erstrebt.
[2] II. Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 3 FGG-RG das seit Anfang September 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, weil das Verfahren in der Zeit nach dem 1.9.2009 durch Beschl. v. 12.5.2010 ausgesetzt worden war.
[3] III. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
[4] 1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2017, 21 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet: (wird ausgeführt)
[7] 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
[8] ( … )
[9] b) In der Sache hat das Beschwerdegericht zu Recht § 1379 BGB in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung angewendet.
[10] aa) Wie der Senat bereits entschieden hat, sind die Vorschriften der §§ 1378 Abs. 2, 1384 BGB in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung, nach denen im Falle der Ehescheidung für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags tritt und sich das für die Begrenzung der Ausgleichsforderung maßgebliche Vermögen des Ausgleichspflichtigen in Fällen der illoyalen Vermögensminderung um den dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrag erhöht, nicht anwendbar, wenn die Ehe vor dem 1.9.2009 rechtskräftig geschieden worden ist (Senatsurt. v. 16.7.2014 – XII ZR 108/12, FamRZ 2014, 1610 und v. 22.10.2014 – XII ZR 194/13, FamRZ 2015, 121).
[11] Wären nämlich im Fall der am 1.9.2009 bereits rechtskräftigen Scheidung die §§ 1378 Abs. 2 S. 1, 1384 BGB anzuwenden, könnte ein Ausgleichsanspruch, der bei Rechtskraft der Scheidung wegen eines seit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eingetretenen Vermögensverlusts des Ausgleichspflichtigen nicht bestanden hat, nachträglich entstehen. Die Anwendung der geänderten Bestimmungen würde einen Eingriff in den bereits abgeschlossenen Sachverhalt darstellen. Das wäre verfassungsrechtlich bedenklich und stünde mit den allgemeinen Grundsätzen über die zeitliche Geltung von Gesetzen nicht in Einklang (Senatsurt. v. 16.7.2014 – XII ZR 108/12, FamRZ 2014, 1610 Rn 20 m.w.N. und v. 22.10.2014 – XII ZR 194/13, FamRZ 2015, 121 Rn 14). Bis zur Verkündung der gesetzlichen Neuregelung, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, muss der von einem Recht Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (BVerfGE 127, 1 = NJW 2010, 3629 Rn 56 m.w.N.). Im Hinblick darauf ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber eine solche Rückwirkung anordnen wollte.
[12] Dafür spricht auch die Formulierung der Gesetzesbegründung, Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB sehe bewusst nur eine Übergangsregelung für § 1374 BGB vor, denn nur in Bezug auf die Einführung des negativen Anfangsvermögens bestehe ein schutzwürdiges Interesse am Fortbestand der alten Rechtslage, die übrigen Bestimmungen dienten vor allem dem Schutz vor Manipulationen, das Vertrauen auf den Fortbestand einer Manipulationsmöglichkeit sei nicht schutzwürdig (BT-Drucks 16/10798, 25). Danach sollte ausgehend von dem Grundsatz, dass der zeitliche Geltungsbereich eines Gesetzes eindeutig zum Ausdruck kommen muss, gewährleistet werden, dass § 1374 BGB n.F. selbst in anhängigen Verfahren noch nicht zur Anwendung gelangt. Abgeschlossene Sachverhalte werden durch Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB dagegen nicht geregelt (Senatsurt. v. 16.7.2014 – XII Z...