Welchen Einfluss hat der IDW S13 auf die Unternehmensbewertung im Rahmen vermögensrechtlicher Auseinandersetzungen im Familienrecht? Frank Boos, Dipl.-Kfm. aus Rastatt, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, gab zunächst eine Übersicht, welche Anforderungen an Bewertungsmethoden gestellt werden. Eine Bewertungsmethode müsse aus sich heraus nachprüfbar sein, also auch von fachkundigen Dritten (gebildeten Laien) nachvollzogen werden können. Die Methode müsse grundlegende, allgemein akzeptierte Standards und Verfahrensweisen berücksichtigen und zum "wahren", d.h. marktbezogenen bzw. marktplausiblen Ergebnis kommen. Boos ging auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein, die mit der Bewertung von inhabergeführten Unternehmen und freiberuflichen Praxen befasst ist, zum Beispiel Zahnarzt- und Steuerberaterpraxen, eine Psychotherapie-Praxis, ein Sanitätshaus. Er erläuterte den Unterschied zwischen Wert und Preis und machte klar, dass beim Zugewinnausgleich keine Preisbildungsphase möglich ist, sondern immer der Verkehrswert gefordert wird. Er betonte, wie unterschiedlich kleine und mittlere Unternehmen, börsennotierte Gesellschaften und Einzelpraxen betrachtet werden müssen.
Besonders ausführlich ging er auf die sehr umstrittene Frage ein, wie der individuelle Unternehmerlohn bei der Bewertung zu berücksichtigen ist. Umstritten ist ebenso, wie die latente Steuerlast im Zugewinnausgleich zu bewerten ist. In allen Fragen gab er klare Hinweise zur Problemlösung. Zum Schluss strukturierte er die einzelnen Punkte zu den Anforderungen an Sachverständigengutachten im Zugewinnausgleich. Sein Vortrag war ein Parforceritt durch die Unternehmensbewertung, eine wertvolle Hilfe für die Familienanwältinnen und -anwälte, um festzustellen zu können, ob das jeweilige Gutachten sachgerecht oder mangelhaft ist.
In diesem Teil der Veranstaltung hatte Rechtsanwältin Eva Becker aus Berlin, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht, die Moderation übernommen. Sie begrüßte die DAV-Präsidentin Rechtsanwältin Edith Kindermann, die sich unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern befand. Becker bedauerte zwar, dass die Arbeitsgemeinschaft nicht – wie auf den Anwaltstagen üblich – zum Empfang einladen konnte, freute sich aber über den erhellenden Vortrag des Fachmanns Frank Boos mit seinen zahlreichen Tipps und Hinweisen und über den technisch einwandfreien Ablauf der virtuellen Veranstaltung, den die Anwaltakademie möglich gemacht hatte. Auch die Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht wird in diesem Format stattfinden. Das ist zwar kein wirklicher Ersatz für die persönliche Begegnung, aber immerhin eine Möglichkeit der fachlichen Weiterbildung und der direkten Kommunikation.
Autor: Annette Wilmes
Annette Wilmes, Berlin
FF 7/2020, S. 273 - 275