Zur Entpflichtung eines Verfahrensbeistands im kindschaftsrechtlichen Verfahren
I. Problemaufriss
In der familiengerichtlichen Praxis stellt sich nicht selten die Frage, ob der in einem kindschaftsrechtlichen Verfahren bestellte Verfahrensbeistand im weiteren Verfahrensverlauf wieder "abberufen" werden kann. Die Gründe, um einen bestellten Verfahrensbeistand zu entpflichten, können dabei durchaus unterschiedlich sein. Sie reichen von einer "Auswechslung" des Verfahrensbeistands aus "verfahrenstechnischen Gründen" über nachträglich bekannt gewordene Erkenntnisse zu einer möglichen Ungeeignetheit bis hin zu diversen Versuchen, einen vermeintlich unbequemen Verfahrensbeistand aus verfahrensfremden Motiven aus dem Verfahren zu drängen. Wenn die Ablösung eines Verfahrensbeistands vom Grundsatz her zu bejahen sein sollte, ergeben sich weitere Fragen nach den Voraussetzungen für eine Entpflichtung, wer diese initiieren kann und schließlich die Frage nach den Rechtsschutzmöglichkeiten, falls eine Entpflichtung erfolgt bzw. diese abgelehnt wird.
II. Fallgruppen für eine Entpflichtung des Verfahrensbeistands
1. Befangenheit
Die Ausschließung oder Ablehnung einer Gerichtsperson hat zur Folge, dass die betreffende Person von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen ist und sich vom weiteren Verfahren fernhalten muss. Von Gesetzes wegen können jedoch nur "Gerichtspersonen" vom Verfahren ausgeschlossen sein; auch können nur sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden (§§ 6 Abs. 1 FamFG, 41 ff. ZPO). "Gerichtspersonen" sind in erster Linie der Richter und, über die Verweisungskette in §§ 30 FamFG, 406 Abs. 1, 41 ff. ZPO, der Sachverständige. Der Verfahrensbeistand ist dagegen von vornherein keine Gerichtsperson, sondern als Verfahrensbeteiligter ein einseitiger Interessenvertreter des Mandanten/Kindes, der weder den Weisungen des Kindes oder eines Verfahrensbeteiligten noch der Aufsicht des Gerichts unterliegt. Er nimmt seine Aufgabe eigenständig und unabhängig wahr und ist deshalb – anders als das Gericht oder ein Sachverständiger – nicht zur Objektivität und Neutralität verpflichtet. Er kann deshalb auch nicht abgelehnt werden. Das war bereits unter der Geltung von § 50 FGG, der Vorgängervorschrift zu § 158 FamFG, allgemein anerkannt und daran hat sich seither nichts geändert. Unmittelbar verständlich wird das, wenn man sich Funktion und Aufgabe des Verfahrensbeistands als Sachwalter der Interessen des Kindes im Kindschaftsverfahren – des "Anwalts des Kindes" – vor Augen führt. Genauso wenig wie es möglich ist, einen Rechtsanwalt wegen Befangenheit abzulehnen, ist es möglich, den Verfahrensbeistand als befangen abzulehnen. Ein Befangenheitsantrag kann daher niemals zur Entpflichtung eines Verfahrensbeistands führen, sondern ist als unbegründet zurückzuweisen.
2. "Auswechslung" des Verfahrensbeistands; nachträgliche Einschränkung seines Aufgabenkreises
a) Geradezu die "Grundkonstellation" für die nachträgliche Entpflichtung des Verfahrensbeistands, mit der sich die gerichtliche Praxis immer wieder einmal konfrontiert sieht, sind Fallgestaltungen, in denen der ursprünglich bestellte Verfahrensbeistand das ihm übertragene Amt aus durchaus achtenswerten bzw. nachvollziehbaren Gründen nicht weiter fortführen kann oder will bzw. in der konkreten Konstellation eine Fortführung nicht sinnvoll erscheint, er aus dem Verfahren ausscheiden und gegen einen neu zu bestellenden Verfahrensbeistand "ausgewechselt" werden soll. Beispiele, die im Gerichtsalltag immer wieder vorkommen, sind u.a. etwa:
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der bestellte Verfahrensbeistand erkrankt plötzlich so schwer, dass er das Verfahren nicht weiter begleiten kann; die Verfahrensbeiständin wird im Verfahrensverlauf schwanger; der Verfahrensbeistand geht altersbedingt in Pension bzw. Rente oder verstirbt... |