Große Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens hat die sekundäre Darlegungslast auch für die Höhe des Ehegattenunterhalts, nämlich bei der Frage, in welchem Umfang kind- und elternbezogene Belange einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im Rahmen der grundsätzlichen Eigenverantwortung aus § 1569 BGB entgegenstehen. Diese Frage ist nicht nur für den nachehelichen Unterhalt relevant, sondern zum Teil auch für den Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB. Grundsätzlich trifft den Trennungsunterhaltsgläubiger nach dem Ablauf des ersten Trennungsjahres eine volle Erwerbsobliegenheit. Je länger das erste Trennungsjahr abgelaufen ist, desto mehr nähern sich die Darlegungs- und Beweislasten zu den kind- und elternbezogenen Belangen, die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegenstehen könnten, denjenigen an, die zum nachehelichen Unterhalt entwickelt worden sind. Zum nachehelichen Unterhalt gelten zur erforderlichen substantiierten Darlegung der kind- und elternbezogenen Belange, die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegenstehen, folgende Grundsätze, die ab zunehmender Trennungsdauer für den Trennungsunterhalt entsprechend geltend:
1. Es ist eine Billigkeitsprüfung aller Umstände des Einzelfalles geboten, denn der Bundesgerichtshof hat gegenüber zahlreichen neuen "Altersphasenmodellen" verschiedener Oberlandesgerichte klargestellt, dass eine Anknüpfung der Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus nur an das Alter des Kindes ausscheidet. Das Alter des Kindes ist nur eines von mehreren zu berücksichtigenden Kriterien und bietet nur einen groben Anhaltspunkt neben kindesbezogenen Belangen wie den Kinderfremdbetreuungsmöglichkeiten, aber auch der Fremdbetreuungsfähigkeit vor dem Hintergrund des physischen und psychischen Gesundheitszustandes des Kindes, elternbezogenen Gründen der erfolgten Rollenverteilung der Eltern in der Ehe sowie der Dauer ihrer Ehe und dem Umfang der Belastungen durch die neben der Erwerbstätigkeit verbleibende Kindesbetreuung. Insoweit hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass an die Darlegung kindbezogener Gründe durch den Unterhaltsberechtigten keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind. Dabei sind insbesondere auch Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere Beschäftigungen betreffen, zu beachten. Sofern diese vom Kind nicht selbstständig wahrgenommen werden können, sind vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen. Ferner ist bei dem Umfang einer möglichen anderweitigen Kinderbetreuung zu berücksichtigen, wie eine ausgeübte Erwerbstätigkeit mit den Zeiten der Kinderbetreuung einschließlich der Fahrzeiten vereinbar ist und in welchem Umfang dem Unterhaltsberechtigten in dem dadurch vorgegebenen zeitlichen Rahmen eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Dabei können sich insbesondere bei mehreren Kindern Einschränkungen ergeben. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils schließlich – teilweise – entgegenstehen, dass die von ihm daneben zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem Betreuungsbedarf des Kindes oder der Kinder in unterschiedlichem Umfang anfallen können. Im Übrigen kann der Unterhaltsschuldner eine höhere Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsgläubigers regelmäßig nicht damit begründen, dass er selbst oder ein anderes Familienmitglied das eheliche Kind betreuen könne, wenn der Unterhaltsgläubiger seiner ausgeweiteten Erwerbstätigkeit nachgehe. Damit würde dem Unterhaltsgläubiger aus unterhaltstaktisch motivierten Gründen eine andere als die bisher praktizierte Umgangsregelung zur Reduzierung des Unterhaltsanspruchs aufgenötigt. Darauf muss er sich in aller Regel nicht einlassen.
2. An dem dargelegten Maßstab gemessen empfiehlt sich folgendes Vorgehen in der Beratungspraxis des Fachanwalts für Familienrecht, der den Unterhaltsgläubiger in einem Verfahren vertritt, in dem die Beteiligten um den Umfang der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsgläubigers streiten: Um die kind- und elternbezogenen Belange, die einer Ausweitung der Erwerbstätigkeit entgegenstehen, mit Substanz im Verfahren vortragen zu können, empfiehlt es sich, dem Mandanten im ersten Beratungsgespräch aufzugeben, bis zum nächsten Besprechungstermin einen Wochenstundenplan zu erstellen, aus dem für jeden Wochentag detailliert hervorgeht, zu welchen Zeiten der Unterhaltsgläubiger und das/die Kinder sich jeweils wo aufhalten und wie sowie mit welchem Zeitaufwand sie dort hingelangen (Fahrtzeiten – Pkw nötig oder ÖPNV möglich? Kita-/Schulbetreuungszeiten, Freizeitbeschäftigungen der Kinder: Was? Wo? Hinb...