Einführung
Im Rahmen einer Entscheidung zur Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zugewinnausgleich hat der BGH jüngst seine ständige Rechtsprechung zum Abzug latenter Steuerlasten bei der Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich bestätigt. Das gibt Anlass, die diesbezüglichen Thesen zu hinterfragen, zumal sie im Schrifttum durchaus nicht unumstritten sind.
I. Einführung
Der Zugewinnausgleich beruht auf dem Gedanken der gleichberechtigten Teilhabe beider Ehegatten an dem während der Ehe gemeinsam Erwirtschafteten. Das Konzept ist primär auf die Alleinverdiener- oder Zuverdienerehe zugeschnitten, in der ein Ehegatte seine berufliche Karriere zugunsten von Haushaltsführung und Kinderbetreuung zurückstellt und damit zugleich dem anderen Ehegatten die volle Teilhabe am Berufsleben ermöglicht. Dann soll er oder sie im Gegenzug über den Zugewinnausgleich an dem Vermögensgewinn des anderen Ehegatten beteiligt werden. Zur Rechtfertigung des Halbteilungsgrundsatzes wird auf die Wertungen von Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG verwiesen; denn zum Wesen der Ehe gehört laut BVerfG auch die Gleichberechtigung beider Ehegatten und in Verbindung damit die rechtliche Gleichwertigkeit der im Rahmen der jeweiligen Rollenverteilung erbrachten beiderseitigen Leistungen. Auf ursächliche Beiträge zum ehelichen Zugewinn oder die Art der ehelichen Arbeitsteilung kommt es dabei allerdings nicht an.
Die Verpflichtung zum Zugewinnausgleich bei Scheidung kann insbesondere die Inhaber von Unternehmen hart treffen. Bei der Berechnung des Endvermögens besteht dann größtes Interesse daran, sich klein zu rechnen. Tatsächlich bestehen bei Unternehmen auch gewisse Bewertungsspielräume, die man gezielt nutzen kann.
II. Die Bewertung von Unternehmen
Der Ansatz von Gegenständen im Anfangs- und Endvermögen setzt deren Bewertung voraus. Entscheidend ist der volle, wirkliche Wert bzw. der objektive Verkehrswert. Für die Wertbemessung liefert das BGB indes kaum Vorgaben (vgl. § 1376 BGB). Die Auswahl der richtigen Bewertungsmethode obliegt daher dem Tatrichter, der oft auf ein Sachverständigengutachten angewiesen sein wird.
Die Bewertung von Unternehmen ist dabei besonders herausfordernd. Das erste Problem betrifft die Auswahl der richtigen Bewertungsmethode. Die Anknüpfung an den sog. Liquidationswert kommt nur in Betracht, wenn das Unternehmen tatsächlich – mangels anderer Optionen – aufgelöst bzw. zerschlagen werden soll. Die Substanzwertmethode wiederum, die im Grunde auf den Wiederbeschaffungswert abstellt, hat heute betriebswirtschaftlich kaum noch Bedeutung, zumal sie auch offenlässt, wie man den good will eines Unternehmens bewerten soll. In der Praxis vorherrschend ist bei gewerblichen Unternehmen vielmehr die Ertragswertmethode, die auf die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens abstellt. Damit wird berücksichtigt, dass sich der Wert eines Unternehmens nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vor allem aus seiner Eigenschaft ableitet, nachhaltig ausschüttbare Überschüsse zu produzieren. Hiervon ausgehend wird der Barwert der gesamten zukünftigen Nettoerträge des Unternehmens berechnet.
Das reine Ertragswertverfahren ist laut BGH jedoch ungeeignet, soweit es um die Bewertung von freiberuflichen Praxen und inhabergeführten Unternehmen geht, da der Ertragswert hier regelmäßig stark von der konkreten Person des Inhabers abhängig sei, von dessen persönlichen Einsatz, seinen Fähigkeiten, seiner Berufserfahrung etc. Daher muss in diesen Fällen aus dem ermittelten Ertragswert noch dieser "subjektive Mehrwert" herausgerechnet werden (sog. "modifizierte Ertragswertmethode"). Der Prognose zu den künftigen Erträgen wird dabei nur ein "begrenzter Ergebnishorizont" zugrunde gelegt, etwa ein Zeitraum von ca. fünf Jahren. Schließlich wirkt der Einfluss des bisherigen Inhabers auf die Ertragslage nur zeitlich begrenzt nach. Zudem wird ein nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigter Unternehmerlohn in Abzug gebracht, der sog. kalkulatorische Unternehmerlohn.
Im Übrigen hält es der BGH grundsätzlich für sachgerecht, bei der Unternehmensbewertung auf die Empfehlungen der zuständigen Standesorganisation zurückzugreifen, z.B. der Ärztekammer oder der Steuerberaterkammer. Andererseits hat der BGH aber auch deutlich gemacht, dass er bei Freiberuflerpraxen und...