BGH, Beschl. v. 4.5.2022 – XII ZB 122/21
a) Für den Einstieg in das Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG muss sich der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte grundsätzlich auf eine wesentliche und ihn begünstigende Wertänderung berufen; er kann seinen Abänderungsantrag in Bezug auf die wesentliche Wertänderung von Anrechten demgegenüber nicht allein auf solche Umstände stützen, die für ihn an sich nachteilig sind, im Ergebnis der Totalrevision aber wegen der erstrebten Anwendung von § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG zu einem Wegfall des Versorgungsausgleichs insgesamt führen sollen (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 5.2.2020 – XII ZB 147/18, FamRZ 2020, 743).
b) Die Prüfung, ob sich die Abänderung zugunsten des überlebenden Ehegatten auswirkt, ist anhand einer Gesamtbetrachtung des Ausgleichsergebnisses vorzunehmen, das sich hypothetisch im Falle einer Totalrevision unter Lebenden ergeben hätte (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 17.11.2021 – XII ZB 375/21, FamRZ 2022, 258).
BGH, Beschl. v. 30.3.2022 – XII ZB 421/21
Zum Umfang der Aufklärungspflicht des Gerichts nach Verzicht eines Ehegatten auf ein noch verfallbares Anrecht.
OLG Braunschweig, Beschl. v. 30.5.2022 – 2 UF 66/22
1. Nach der gesetzlichen Neuregelung des § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGBVI im sog. "Grundrentengesetz" sind in der Ehezeit erworbene Anrechte in Gestalt von "Entgeltpunkten für langjährige Versicherung" als gesonderte Anrechte neben anderen Anrechten aus dem System der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Folge zu betrachten, dass eine Zusammenrechnung nicht erfolgen darf.
2. Für ein so ermitteltes Anrecht sind bei der Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG die Kriterien zur Betrachtung gleichartiger Versorgungen im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes zu beachten.
3. Eine Befassung des Gerichts mit den "Entgeltpunkten für langjährige Versicherung" wirkt verfahrenswerterhöhend im Sinne des § 50 Abs. 1 FamGKG.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 6.5.2022 – 11 UF 283/22
Für den Grundrentenzuschlag nach § 76g SGBVI ist eine gesonderte Bagatellprüfung nach § 18 VersAusglG durchzuführen, weil es sich um einen selbstständigen Teil des bei der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechts handelt.
OLG Celle, Beschl. v. 12.5.2021 – 21 UF 201/20
1. Während für die Bewertung eines Anrechts aus einem Beamtenverhältnis oder aus einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in der Anwartschaftsphase nach § 40 VersAusglG die Bemessungsgrundlagen zum Ende der Ehezeit maßgeblich sind und daher dessen fiktive Höhe bestimmt wird, sind nach § 41 Abs. 2 VersAusglG der Bewertung in der Leistungsphase die tatsächlichen Werte zugrunde zu legen.
2. Die nachehezeitliche Entscheidung eines (geschiedenen) Ehegatten, unter Inkaufnahme eines Versorgungsabschlags vorzeitig in den Ruhestand zu treten, weist keinen Bezug zur Ehezeit auf und wirkt nicht i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG auf den Ehezeitanteil zurück.
3. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 14.12.2011 – XII ZB 23/08, FamRZ 2012, 769 ff.) gilt auch bei der Bewertung einer laufenden Versorgung nach § 41 Abs. 2 S. 2 VersAusglG fort. Hierfür spricht maßgeblich die Gesetzesbegründung, in der auf den fehlenden Bezug zur Ehezeit abgestellt wird, sowie der Umstand, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte an der vorzeitigen Inanspruchnahme der Ruhegehaltszahlungen i.d.R. nicht partizipieren wird und von einer anderweitigen Kompensation nicht auszugehen ist. Ebenso wenig führt dies durch die längere Bezugsdauer zu einem Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz.
4. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Durchführung des Versorgungsausgleichs im Fall der verlängerten Dienstzeit (BGH, Beschl. v. 20.6.2018 – XII ZB 102/17, FamRZ 2018, 1500 f. und BGH, Beschl. v. 3.7.2019 – XII ZB 34/17, FamRZ 2019, 1604 ff.) steht dem nicht entgegen.