Erstaunlich ist, dass das Familiengericht jedenfalls nicht ausdrücklich auf die – soweit ersichtlich – einzige Entscheidung des BGH zur vorehelichen Zuwendung bei späterer Ehe im gesetzlichen Güterstand verweist,[11] faktisch steht die Entscheidung aber damit im Einklang.

Das Problem besteht darin, dass die vor Eheschließung an den anderen Partner erfolgte Zuwendung im Zugewinnausgleich nicht abgebildet wird, da dieser nur eine Teilhabe an der Vermögensentwicklung zwischen Eheschließung und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gewährleistet. Im hiesigen Fall hatte die Ehefrau daher im Anfangsvermögen bereits die ihr überwiesenen und später weiterüberwiesenen 200.000 EUR, der Ehemann hingegen kein Vermögen mehr. Unterstellt, vermögensmäßig ist sonst bei den Ehegatten nichts geschehen, hat der Ehemann auch im Endvermögen nichts, die Ehefrau hingegen zumindest das mit den Eltern vereinbarte Nutzungsrecht im Wert von (so jedenfalls das Familiengericht) 200.000 EUR. Keiner der Ehegatten verfügt also über einen Zugewinn, der Ehemann ginge leer aus.

Das ist evident wertungswidersprüchlich, erhält doch sogar derjenige über § 313 BGB Geld zurück, der innerhalb einer später scheiternden nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder innerhalb einer Gütertrennungsehe ins Vermögen des Partners investiert. Unser "vorehelicher Investor" darf also, so der BGH, nicht schlechter und nicht besser stehen als in diesen Fällen. Deshalb steht ihm – zusätzlich zum Zugewinnausgleichsanspruch – ein diesen ergänzender Anspruch aus § 313 BGB zu: "Es bietet sich daher an, den ergänzenden Ausgleichsanspruch grundsätzlich danach zu bemessen, was sich für die Klägerin als Mehr an Zugewinnausgleich ergeben würde, wenn im Anfangsvermögen des Beklagten das Hausgrundstück nur mit dem geringeren Wert angesetzt würde, den es im Zeitpunkt der Eheschließung ohne die vorehelichen Leistungen der Klägerin und ihres Vaters gehabt hätte." Als Obergrenze des ergänzenden Ausgleichsanspruchs wird also die Differenz zwischen fiktivem Zugewinnausgleich (Investition erst nach Eheschließung) und realem Zugewinnausgleich (voreheliche Investition) angesehen. Das wären im hiesigen Fall (fiktiv: Anfangsvermögen Ehemann 200.000 EUR (später an Ehefrau überwiesen), Endvermögen 0 EUR; Anfangsvermögen Ehefrau 0 EUR, Endvermögen 200.000 EUR (Nutzungsrecht); Zugewinnausgleichsanspruch: 100.000 EUR; real: wie vorstehend beschrieben kein Zugewinnausgleich; Differenz beider Ansprüche und damit Obergrenze) 100.000 EUR.[12]

Allerdings kommt es zu dieser Rechtsfolge erst, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 313 BGB erfüllt sind:

  1. Abgrenzung zu anderen Ansprüchen/kein spezieller Rechtsgrund für die Zuwendung
  2. Zuwendung
  3. Wegfall der Geschäftsgrundlage
  4. Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag

Keine Voraussetzung (mehr) ist hingegen das Vorliegen eines Verlöbnisses zum Zeitpunkt der Zuwendung und auch nicht, dass die Zuwendung in Erwartung der bevorstehenden Eheschließung erfolgt.[13]

Voraussetzung 1 ist erfüllt, da keine Schenkung und kein Darlehensvertrag vorliegen, s.o.

Die Überweisung von 200.000 EUR erfüllt Voraussetzung 2, weil dadurch eine Vermögensminderung beim Überweisenden und – jedenfalls zunächst einmal, vor der Weiterüberweisung – eine Vermögensmehrung beim Empfänger eingetreten ist.

Angesichts des offenbar vorhandenen "Gesamtplans", also der von vorneherein vereinbarten Weiterleitung des Geldes an die Schwiegereltern, könnte man auch daran denken, dass letztlich eine Zuwendung zwischen (späterem) Ehemann und (späteren) Schwiegereltern vorliegt, dann wäre die (spätere) Ehefrau gar nicht passivlegitimiert. Hier wird es aber wie bei Kettenschenkungen der Schwiegereltern an das eigene Kind und teilweiser Weiterleitung durch dieses an den Ehepartner richtig sein, die jeweiligen Rechtsbeziehungen zu differenzieren.[14]

Die Begründung und der Fortbestand einer (nicht)ehelichen Lebensgemeinschaft ist die Geschäftsgrundlage und damit die Erwartung, an dem, was aus der Zuwendung entsteht, teilzuhaben, die durch die Trennung und spätere Scheidung entfallen ist, Voraussetzung 3.

Die (Un)zumutbarkeit, Voraussetzung 4, wird durch Abwägung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt und hängt nahezu untrennbar mit der Frage zusammen, in welcher Höhe auf Rechtsfolgenseite eine Zahlung verlangt werden kann (wobei, s.o., immer als Maximalbetrag zusätzlich die "Zugewinnausgleichsgrenze" zu berücksichtigen ist). Folgende Gesichtspunkte sind relevant[15]:

Wurde ein besonderer Zweck, zusätzlich zum Zweck der Verwirklichung der (nicht)ehelichen Lebensgemeinschaft,[16] verfolgt?
Liegen Leistungen vor, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt? Ausgeschieden werden hier auch Leistungen zur Gestaltung des täglichen Lebens.
Wie lange dauerte die (nicht)eheliche Lebensgemeinschaft und wann ist dabei die Zuwendung erfolgt?
Wie groß ist die durch die Zuwendung bedingte und noch vorhandene Vermögensmehrung?
Wie sind die gegenwärtigen und künftigen Einkommens- und Vermögensve...

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