Einführung
Dieses Zitat von Demokrit fasst den vom Familiengericht entschiedenen Fall treffend zusammen: Wer knapp einen Monat vor Eheschließung seiner künftigen Ehefrau seine gesamten liquiden Mittel in Höhe von 200.000 EUR überweist, dabei scheinbar eindeutig von einem Darlehen spricht, aus dem parallel geführten Chatverlauf aber ziemlich deutlich wird, dass der Verwendungszweck rein aus steuerlichen Gründen gewählt ist, wer dann auch noch damit einverstanden ist, dass das Geld an die künftigen Schwiegereltern weitergereicht wird, ohne dass so ganz klar wird, was dafür die Gegenleistung sein soll, der kann sicher als mutig bezeichnet werden. Dass er am Ende zumindest die Hälfte des Geldes wieder zurückbekommen hat, zeugt von Glück bzw. im Ergebnis richtiger Rechtsanwendung des Familiengerichts.
Dabei prüft das Gericht drei denkbare Ansprüche: den Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens, den Anspruch aus einer Zweckverfehlungskondiktion und den Anspruch aus Wegfall der Geschäftsgrundlage. Im Einzelnen:
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Zitat
"Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende."
1. Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens
In Konstellationen wie hier ist man geneigt, sofort § 313 BGB wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einer ehebedingten bzw. vorehelichen Zuwendung der (künftigen) Ehegatten zu prüfen. Eine solche liegt aber schon begrifflich nicht vor, wenn sich ein spezieller Rechtsgrund für die Zuwendung ermitteln lässt. Zunächst ist also zu fragen, ob die Parteien nicht womöglich einen Schenkungsvertrag, einen Darlehensvertrag, ein Treuhandverhältnis, einen Leihvertrag oder eine Ehegatteninnengesellschaft begründet haben und hieraus Ansprüche hergeleitet werden können.
In der Regel sind Zuwendungen von Vermögenswerten jedenfalls unter Ehegatten keine "eheneutralen" (Schenkung, Darlehen, usw.), sondern "ehebedingte" Zuwendungen. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis dürfte auch für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft wie hier gelten. Für den Ausnahmefall muss sich also ein anderweitiger Rechtsbindungswille manifestieren. Der konnte hier nicht festgestellt werden:
Eine – vom Familiengericht gar nicht geprüfte – Schenkung wäre rein uneigennützig und zur freien Verfügung des Empfängers gedacht, wäre also nicht an den Zweck, einen Beitrag zur Verwirklichung der (nicht)ehelichen Lebensgemeinschaft zu leisten, geknüpft. Genau dieser Zweck wird aber zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wiederum als Regelfall angesehen. Und er ist auch hier gegeben: Der spätere Ehemann wollte an der Zuwendung im Rahmen der Lebensgemeinschaft oder Ehe an seinem Investment weiter teilhaben, sei es durch eine Eigennutzung der Wohnung, sei es, dass die Wohnung vermietet und dadurch eine Einnahme erzielt wird. Die spätere Ehefrau sollte mit dem Geld nicht machen können, was sie will, vielmehr war ihr Zukünftiger sogar in Details der Küchenplanung einbezogen. Eine Schenkung liegt also nicht vor.
Auch ein Darlehen setzt einen entsprechenden Rechtsbindungswillen voraus, der insbesondere die Einigkeit verlangt, dass die Zuwendung unter bestimmten Voraussetzungen (Frist, Kündigung) zurückzugeben ist. Jedenfalls unter Ehegatten, aber auch unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist dies – erneut – nicht der Regelfall. Derartige Absprachen gab es auch hier nicht und zusätzlich sprechen die konkreten Absprachen der Parteien zur Verwendung des Geldes gegen einen Darlehensvertrag. Auch der parallel zur Überweisung geführte WhatsApp-Chat legt offen, dass der explizite Verwendungszweck "Darlehen" nur aus steuerlichen Gründen gewählt worden ist, ohne rechtlich einen solchen Vertrag begründen zu wollen. Das gibt dem Amtsgericht die Gelegenheit, seine (zutreffenden) römisch-rechtlichen Kennnisse aus dem Grundstudium zu offenbaren: falsa demonstratio non nocet!
2. Anspruch aus Zweckverfehlungskondiktion
Theoretisch können voreheliche Zuwendungen auch über die Zweckverfehlungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ausgeglichen werden. Dies setzt aber die positive Feststellung einer entsprechenden Zweckvereinbarung im Sinne einer Willensübereinstimmung voraus bezogen auf den Fortbestand der (nicht)ehelichen Lebensgemeinschaft. Der andere Teil muss also die Zweckvorstellung des Partners positiv kennen, ein bloßes Kennenmüssen genügt nicht. Diese Feststellungen sind in der Praxis meist nicht möglich. Es kommt hinzu, dass die Beteiligten im Zeitpunkt der Schenkung regelmäßig die Möglichkeit eines späteren Scheiterns der Beziehung/Ehe gar nicht in ihre Überlegungen aufnehmen. Daher ist die gemeinsame Vorstellung vom Fortbestand der (nicht)ehelichen Lebensgemeinschaft i.d.R. zwar Geschäftsgrundlage, nicht aber Zweckvereinbarung im Sinne des Bereicherungsrechts. Das Zustandekommen und der Fortbestand der Ehe sind also auch im hiesigen Fall nicht Inhalt einer Zweckabrede geworden.
Das Familiengericht prüft zwei weitere denkbare Zweckabreden der Partei...